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Kultur: Das Tagebuch ist noch nicht die ganze Musik

KLASSIK

Mit den größeren Formaten des Programms wollte der Künstler in allen Gassen auf keinen Fall wetteifern: Heiner Goebbels favorisiert ungeduldigere Erzählformen. Sein Auftragswerk für die Berliner Philhar moniker heißt daher „Aus einem Tagebuch / Kurze Eintragungen für Orchester“. Es baut darauf, dass Erinnerungen per Sampler abgerufen werden – ein „Archiv, das nicht erfindet“ –, um sich mit philharmonischer Gegenwart zu verbinden. 19 klingende Kalenderblätter fliegen vorüber. Die Percussions de Strasbourg des Jahres 1999 evozieren ein wunderfeines Oboensolo von Albrecht Mayer am Uraufführungstag. Zum Schluss wölbt sich eine Passacaglia, die mit Bläsern und sechs Kontrabässen ohne höhere Streicher das majestätische Flair nicht scheut...

Es darf als Maßstab für bedeutende Dirigenten gelten, wie sie mit Alfred Brendel zusammen musizieren. Die 5 Klavierkonzerte Beethovens hat der Pianist mit Rattle und den Wiener Philharmonikern eingespielt. Nun wird die Feuerprobe mit den Berlinern und dem c-Moll-Konzert zum Faszinosum, weil Orchester und Soloinstrument einig sind im Pulsschlag der Musik wie im Kontrast. Eine gewisse philosophische Unruhe zeichnet auch Brendels Umgang mit der Klassik aus. Hinzu kommt seine sinnliche Anverwandlung des Klangs: Der Solitär unter den Pianisten.Wichtiger vielleicht noch, Simon Rattle an diesem Abend als Beethovendirigenten zu erleben. Der philharmonische Maßstab wird mit Sensibilität erreicht.

Es fällt schwer, in die weitreichende Begeisterung für das „Heldenleben“ von Richard Strauss einzustimmen. Wäre da nicht ein Geiger wie Toru Yasunaga, der mit zarter Intonation und einer ganz eigenartigen Unschuld über dem wilhelminischen Rausch des Werkes stünde!

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