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Kultur: Der Anti-Held

Die Boulevard-Presse verkündete seinen Tod, bevor er starb.Hirn-Tod nennt man das, wenn das Herz noch schlägt.

Die Boulevard-Presse verkündete seinen Tod, bevor er starb.Hirn-Tod nennt man das, wenn das Herz noch schlägt.Die Ärzte wollen weiterkämpfen, schrieben sie noch gestern, er aber hatte vorgesorgt mit einer Verfügung und schon in einem Interview vor fünf Jahren, als er 65 wurde, über den Tod gesagt: "Er soll schnell kommen.Ich will nicht, daß man mich an Schläuche hängt."

Gewiß, er, populär durch geradezu massenhafte Fernsehrollen vielleicht sogar über das Maß seiner Bedeutung hinaus, er gehörte in den letzten Jahren weniger dem Feuilleton als der Boulevard-Presse, ähnlich wie Harald Juhnke - und ähnlich wie Juhnke trank er auch und trieb Raubbau an seinem Körper.Jetzt hatte er eine anstrengende Theater-Tournee hinter sich, dann legte er sich schlafen - und wachte nicht mehr auf.

Geboren am 28.Mai 1929 in Lübeck, wo er auch sein erstes Theater-Engagement finden sollte, hatte er sein Schauspielerdiplom in Hamburg erst beim zweiten Anlauf erworben.Dann aber ging es rasch bergauf, auf der Bühne und vor allem beim Fernsehen.Eine wichtige Station war Baden-Baden, wo Horst Frank eine Art von Doppelengagement beim Theater der Stadt und beim Südwestfunk, für Fernseh- und Hörspiel, hatte.Da wurde er einer der ersten von den inzwischen vielen, der übers Fernsehen zum Kino kam, und gleich der erste Film sicherte ihm seine künftigen Rollen.

Horst Frank, der Melancholiker: Frank wurde zum idealen Protagonisten solcher Rollen, bei all der norddeutschen Kantigkeit seiner Gesichtszüge, den stahlblauen Augen und dem blonden Haar nie so recht ein Held in seiner bedingungslosen Borniertheit, sondern ein Zerrissener bis zum Psychopathen.Den introvertierten Menschenfeind, den negativen deutschen Mann, eiskalt kalkulierend mit der Neigung zum intellektuell motivierten Verbrechen - den hat er nicht nur im deutschen Kino und Fernsehen gespielt, sondern vor allem in Italien, Frankreich und den USA.Nach dem "Mädchen Rosemarie" der Prostituierten-Ballade von Rolf Thiele, folgten wieder Kriegsfilme wie "Hunde, wollt ihr ewig leben" - bis er schließlich bei etlichen "Django"-Filmen mitmachte.

Es paßte zu seinen Rollen, daß er dazu sagte, auf Qualität habe er nie Rücksicht nehmen können, sonst hätte er seinen Beruf schon bald an den Nagel hängen können."Ich mußte vierzig Jahre lang für Deutschland morden - daraus kann jeder ersehen, daß dies für mich nur ein Job ist, um Geld zu verdienen." So zynisch er sich geben konnte, dieser schmale, drahtige Mann, so unberechenbar rechtschaffen war er auch.Die Talkrunde "III nach 9" verließ er unter Protest, als der damalige CSU-Generalsekretär Huber eine Polemik gegen den DDR-Gast Egon Krenz richtete.Er hatte durchaus sympathische Züge, dieser Angeber, der mit einer Drei-Wochen-Affäre mit Marilyn Monroe renommierte, der auf dem Theater lieber Richard III.als Hamlet gespielt hätte.Das jedenfalls konnte er nie aufgeben: Theater zu spielen, sich selbst zu produzieren.

Über 500 Rollen sagt man ihm nach.Er starb in den Sielen.

PETER W.JANSEN (JANSEN)

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