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Edgar Moreau

© Julien Mignot

Der Cellist Edgar Moreau: Macht süchtig

Bei ihrem Berlin-Debüt begeistern der erst 20-jährige französische Cellist Edgar Moreau und sein Pianist Pierre-Yves Hodique mit interpretatorischer Intensität - und ihrer Fähigkeit, Schweres zum Schweben zu bringen.

Wer die Konzertreihe „Debüt im Deutschlandradio“ besucht, hofft auf große Entdeckungen. Auf den Erstkontakt mit einem kommenden Star, über den man später, wenn ihn alle Welt feiert, zu Freunden sagen kann: „Den hab ich damals schon erlebt, als ihn noch fast keiner kannte!“

Der Berlin-Einstand des 20-jährigen Cellisten Edgar Moreau im Kammermusiksaal ist so ein Jackpot-Erlebnis. Dabei sind es gar nicht die stupenden technischen Fertigkeiten des jungen Parisers, die am meisten begeistern, wenn er die heikelsten Virtuosenpassagen makellos meistert, ohne das geringste Bogengeräusch. Es ist die unglaubliche Natürlichkeit seines Spiels: Moreaus Tonerzeugung wirkt so organisch, als würden Rosshaare über Stahlsaiten reiben, als könne er wie ein Holzbläser mit seinem puren Atem die Luft zum Schwingen und Klingen bringen. Dieser Celloklang verströmt sich, frei und sinnlich, mit Leichtigkeit und doch intensiv selbst im zartesten Pianissimo.

Mit dem ebenfalls sehr jungen Pierre-Yves Hodique hat er den idealen Klavierpartner an seiner Seite. Einen Pianisten, der stets die höchste aller französischen Kunsttugenden beherzigt: Transparenz. Feingliedrig, von elegantestem Klassizismus wirken da Beethovens Variationen über das Liebesduett aus der „Zauberflöte“. Und selbst in Brahms e-Moll-Sonate macht Hodique den dichten Klaviersatz durchhörbar, verzichtet Moreau auf spätromantisches Pathos und übertriebenen Bogendruck.

Diese beiden Franzosen suchen nicht nach deutscher Tiefe oder – bei Schostakowitschs d-Moll-Sonate – nach der russischen Seele. Sie holen die Stücke vielmehr zu sich heran, verwandeln sich die Stile an, erzählen aus rein subjektiver Perspektive. Da erscheint nicht nur Claude Debussys Musik von südlichem Licht umflossen, da lassen sich auch Berührungspunkte von Brahms mit der Ästhetik eines Camille Saint-Saëns entdecken.

Und das Publikum im Kammermusiksaal spürt: Hier spielen zwei absolut authentische Interpreten. Und können vermeintlich Schweres zum Schweben bringen – weil ihre Intensität aus einem inneren Impuls erwächst. So entsteht ein Sound, der süchtig machen kann. Merci, Messieurs!

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