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Kultur: Der geteilte Himmel

Gropius-Bau: Christa Wolf über K.Wolfs Verfilmung ihres RomansVON MARKO MARTINDeutsche Liebesgeschichten: Der Chemiker Manfred geht in den Westen, das Mädchen Rita entscheidet sich, zuhause zu bleiben - bei den Genossen im VEB Waggonbau Halle.

Gropius-Bau: Christa Wolf über K.Wolfs Verfilmung ihres RomansVON MARKO MARTINDeutsche Liebesgeschichten: Der Chemiker Manfred geht in den Westen, das Mädchen Rita entscheidet sich, zuhause zu bleiben - bei den Genossen im VEB Waggonbau Halle.Mit einem seltsamen Gedanken tröstet sie sich über die endgültige Trennung vom Geliebten hinweg: "Das wiegt alles auf: Daß wir uns gewöhnen, ruhig zu schlafen." Mit diesem Satz endet der Roman "Der geteilte Himmel", der seine Autorin Christa Wolf 1963 schlagartig berühmt machte, ebenso der gleichnamige Film, den Konrad Wolf ein Jahr später drehte.Noch heute scheint diese resignierte Einsicht in eine von Politbürokraten geschaffene Notwendigkeit zur Identifikation einzuladen: am Ende des Wolf-Films brandete Beifall auf im Kinosaal des Gropius-Baus.Anschließend folgte - auch dies im Rahmen der Reihe "DeutschlandBilder im Film" - ein Publikumsgespräch mit Christa Wolf.Bereits vor dem 13.August 1961 hatte sie an diesem Buch gearbeitet, wurde aber von den aktuellen Ereignissen eingeholt."Das alles hat mein Konzept nicht geändert." Offensichtlich wurde der Skandal der Masseneinsperrung eines Volkes nicht als solcher empfunden: "Wir hofften damals, daß die Sicherung der Grenze nach außen zu einer Liberalisierung im Inneren beitragen würde." Mit dem berüchtigten Oktober-Plenum der SED 1965 war dieser Intellektuellentraum ausgeträumt, obwohl bereits vorher Menschen "auf der Flucht erschossen" worden waren.Für den "Geteilten Himmel" erhielt Christa Wolf den Heinrich-Mann-Preis der Ostberliner Akademie der Künste, ehe die SED ihrem Mitglied "Versöhnlertum" vorwarf: "Das hat mich damals getroffen, obwohl ich immer argumentierte, daß ich doch dasselbe wolle wie die Partei.Mit der Zeit merkte ich aber, daß ich dies durchaus nicht wollte und die Genossen das schon richtig erspürt hatten." Für Konrad Wolfs Film schrieb Christa Wolf mit ihrem Mann das Drehbuch - und wunderte sich, daß Horst Sindermann, der damalige SED-Gewaltige von Halle, wo die Handlung spielt, bei einem offiziellen Empfang für die Crew seine Vorbehalte gegenüber dieser Geschichte keineswegs öffentlich äußerte.Für Christa Wolf dagegen war der Funktionär "doch ein Mann mit Rückgrat, der im Ökonomischen durchaus etwas geleistet hat für seinen Bezirk Halle".Nun ja. Eine Publikumsfrage betraf die Aktualität des Films und der Gefühle seiner Protagonisten.Wolf: "Vieles wirkt im Nachhinein naiv, aber jetzt, wo ich den Westen kenne, denke ich, daß unsere Grundprobleme gar nicht so unterschiedlich sind." Bis auf die Kleinigkeit, daß "der Westen" eben keine Mauer baute, keine über 600 Grenz-Toten auf dem Gewissen hat.

MARKO MARTIN

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