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Kultur: Der große Bluff

Panorama: „Owning Mahony“ von Richard Kwietniowski

Er hat sich in seinen Körper verkrochen wie in einen Panzer. Ein Panzer aus weißem, fetten Fleisch, den keiner durchdringt, nicht einmal seine Freundin. Dan Mahony ist jemand, der auch nackt unter der Dusche noch geschützt aussieht und angezogen niemals ganz fertig wirkt. Diese fettigen Haare, der zerknitterte Anzug, das hässliche Hemd – dass so jemand zum stellvertretenden Bankchef aufsteigen soll, kann nur dem Wunderkind-Bonus geschuldet sein. Mahony gilt in seinem Office als kleines Genie der Finanzwelt, als kühner, rücksichtsloser Planer und Taktiker. Wie kühn er ist, ahnen allerdings noch nicht einmal seine Vorgesetzten.

Die kanadisch-britische Koproduktion „Owning Mahony“, Regie Richard Kwietniowski, erzählt in kühlen, kalten Farben und ruhigen, lakonischen Bildern eine wahre, unglaubliche Geschichte: die Geschichte des größten Bankbetrugs, der jemals in Kanada verübt worden ist. Dan Mahony, Bankangestellter in Toronto und Spieler, gelang es Anfang der Achtzigerjahre, seine Bank innerhalb von 18 Monaten um mehr als 10 Millionen Dollar zu schröpfen. Wüsste man das nicht, man sollte meinen, diese Rolle sei eigens für Philip Seymour Hoffman geschrieben worden. Er ist der freundliche Nachbar von nebenan, der jeden Morgen einen Scherz für die Sekretärin auf den Lippen hat, der ungeschickte, schüchterne Liebhaber, der für seine Gefühle keine Worte findet, und der grenzenlos phlegmatische Spieler. All diese Facetten bringt Hoffman mit Leichtigkeit in eins und erweist sich damit – nach „Happiness“, „Magnolia“ und „25th Hour“ – einmal mehr als einer der interessantesten und immer noch unterschätztesten Schauspieler unserer Zeit.

Dass Mahony, in den Spielcasinos längst als Großkunde hofiert, sich dennoch als Spezialwunsch Rippchen kommen lässt, dass er sich über den warmen Wintermantel, den seine Freundin ihm – viel zu spät – schenkt, freut wie ein Kind über sein erstes Geschenk, macht ihn sympathisch. Dass er am Roulette-Tisch neun Millionen setzt und verliert und mit keiner Muskelregung, keiner Schweißperle zeigt, dass ihm bewusst ist, was die Stunde geschlagen hat, lässt ihn rätselhaft bleiben. Psychopathisches und alltägliches Verhalten gehen in Hoffmans Darstellung so zusammen, dass man nicht anders kann, als Mahony als rätselhaftes Gegenüber zu akzeptieren.

Heute, 19 Uhr (Zoo-Palast), morgen 11.30 Uhr (Cinemaxx 7), 14.2., 17 Uhr (International), 16.2., 21.30 Uhr (Zoo-Palast)

Christina Tilmann

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