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Kultur: Der gute Geist

Liebhaber des neuen Kinos: Ulrich Gregor zum Siebzigsten

Woran, denken wir, wenn wir an die Berlinale denken? An den Potsdamer Platz. Vielleicht auch an jenen lustigen Zampano ns Dieter Kosslick, der da im Februar erstmals seine Honneurs machte. Und an Stars, die kommen. Und gehen.

Wer das Kino aber auch abseits seiner Oberflächenreize liebt, der denkt bei der Berlinale zuerst ans Delphi. Ans Forum. An jenen schmucklosen Tisch, der nach den Vorstellungen auf die Bühne gestellt wird und an dem ein stets sehr unauffällig gekleideter Herr Platz nimmt, um mit den Künstlern gescheit über ihre Filme zu reden: Ulrich Gregor. Kein Star und doch ein Star. Einer, der gekommen ist in diese Berlinale vor nun schon über 30 Jahren und der zumindest formal gegangen ist letztes Jahr. Und doch bleibt.

Die Leitung des Forums, das die Berlinale zu jener weltweit unverwechselbaren Veranstaltung gemacht hat, die sie heute ist, hat er zwar abgegeben – an den in seiner cineastischen Leidenschaft, Verlässlichkeit und Ernsthaftigkeit durchaus wesensverwandten jungen Nachfolger Christoph Terhechte. Aber er bleibt doch, nun eher im Hintergrund agierend, der gute Geist der Berlinale. Gut, weil qualitativ Schlechtes von Ulrich Gregor grundsätzlich nicht zu erwarten ist, und Böses erst recht nicht (so beharrlich und diskret er auch mitunter zu kämpfen versteht). Und Geist sowieso – und das nicht etwa nur, weil ihn ein Regierender Bürgermeister namens Diepgen vor Jahren launig zum Professor ehrenhalber machte.

Ulrich Gregor hat Filmgeschichte geschrieben (und eine „Geschichte des Films“, ein Standardwerk, noch dazu): 1963 die Freunde der Deutschen Kinemathek gegründet, 1970 das Arsenal, aus dem die Bewegung der Kommunalen Kinos hervorgehen sollte, und ein Jahr später das Berlinale-Forum, das komplett „Internationales Forum des Jungen Films“ heißt. Jahrzehntelang hat er das neue, experimentelle, auch schon mal sperrige Kino gefördert – erst ein Begleiter, später ein Vater (kein Pate!) all derer, die im Film aufregende, eigene Wege gehen.

Auch wenn er lieber andere und anderes lobpreist (vor allem Filme, die er liebt), ums Lobgepriesenwerden wird er heute nicht herumkommen – an seinem großen Geburtstag im Arsenal, zu dem sein Team im September-Programmblatt schlicht „alle“ herzlich eingeladen hat. Und sollte jemand gar zu viel Tremolo in eine Laudatio rühren, so wird Gregor mit einer geschwind-geschmeidigen Wendung schon abzuregeln wissen. Gerade so, als wären wir im Delphi. Auf der schönsten Bühne der Berlinale. jal

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