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In Jíri Mádls Film "Ab ans Meer" spielt Petr Simcák die Hauptrolle - als blutjunger Regisseur seines eigenen Lebens.

© Der Filmverleih GmbH

Der Kinofilm "Ab ans Meer!": Junge, Junge

Thomas und wie er die Welt sieht: In dem tschechischen Film „Ab ans Meer!“ holt ein Elfjähriger seinen Alltag vor die Kamera.

„Papa sagt, dass ich Filmemachen erst lernen muss“, meint der elfjährige Thomas (Petr Šimcák), der keine Lust auf Lernen hat. „Ich will gleich Filme drehen.“ Und Regisseur werden und später mal nach Amerika gehen, wie sein Vorbild Miloš Forman. Zum Geburtstag gab’s eine Kamera und das Schnittprogramm – warum noch warten? Schon beginnt Thomas vor der Kinderzimmertür, dreht seinen ersten Film über sich selbst, seine Familie und seine Freunde.

Das Ergebnis ist der 90-Minüter „Ab ans Meer!“. Dahinter jedoch steckt nicht Thomas, sondern der tschechische Regisseur und Drehbuchautor Jirí Mádl. Mit der Figur des ganz jungen Filmemachers wagt er etwas Außergewöhnliches – einen gänzlich aus der Perspektive eines Kindes erzählten Film, gedreht mit dessen Handkamera (tatsächlich führte Edita Kainrathová die Kamera).

In die gleichaltrige Stana ist Thomas total verliebt

Sofort behelligt Thomas den Zuschauer mit allem, was in seinem Kopf und Leben gerade so abgeht. Da ist die gleichaltrige Stana, in die er total verliebt ist. Die Oma, die heimlich furzt. Der Fußballverein, in dem Thomas nur spielt, weil sein Vater es so will. Und Harris (Jan Maršál), Thomas’ bester Freund. In bewusst verwackelten und ruckartig geschnittenen Bildern entfaltet sich eine Welt voll alltäglicher Konflikte und tieferer Probleme.

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Es sind viele kleine Geschichten, die „Ab ans Meer!“ erzählt – wie eine ernstere und subjektivere Variante der amerikanischen Kinderfilm-Serie „Gregs Tagebuch“ nach den Büchern von Jeff Kinney. Dabei irritiert die ständige Präsenz der „selbst gehaltenen“ Kamera nur zu Beginn. Bald wird sie, überzeugend, zu Thomas’ spontanem digitalen Tagebuch.

Thomas filmt auf Augenhöhe - und den Vater aus der Froschperspektive

Herrlich, wie er und Harris in Anzug und Kleid ein durch Felder springendes Hochzeitspaar nachspielen, um Thomas’ Fantasien mit Stana Ausdruck zu verleihen. So nachfühlbar die Leichtigkeit, mit der die beiden miteinander toben und erstmals die Schule schwänzen. Clever, wie Thomas die Route einer Verfolgungsjagd mit einem Fineliner nachzieht, um die Strecke für Zuschauer nachvollziehbar zu machen – wie in den Kinofilmen der „Großen“. Aber es gibt auch traurige Momente: Thomas’ Oma wird sterben, sein Vater geht möglicherweise fremd, Harris und seine Mutter werden zu Hause geschlagen. Aber sie bewahren sich ihren glücklich-naiven Blick, die optimistische Energie.

Fast immer ist Thomas mit Gleichaltrigen unterwegs, entsprechend filmt er auf Augenhöhe. Seine Eltern hingegen zeigt der ehrgeizige Nachwuchs-Filmemacher mal von oben, wenn er sie heimlich beobachtet; mal von unten in der alltäglichen Kommunikation. Einzig Harris’ schlagender Vater wird ausschließlich aus extremer Froschperspektive gezeigt. Ihm ist niemand im Film gewachsen.

„Ab ans Meer!“ hat keine Pointe, kein Finale mit Täterätätä; er zeigt das Leben, wie es ist. Auf kreative und berührende Weise.

In Berlin in den Kinos Acud und Tilsiter Lichtspiele

Julius Heinrichs

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