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Blick in den Messestand der Galerie Almine Rech. An der Stirnwand hängt als Highlight ein Bild des amerikanischen Altmeisters Allen Jones

© Art Monte Carlo

Der Kunstmarkt in Monaco: Im Reich der Steine

Die Art Monte Carlo setzt ihren Erfolgskurs fort – flankiert von spektakulären Museumsausstellungen.

Jeder fotografiert den schwarzen, geflügelten Boliden mit dem giftgelben Fledermausemblem in den Felgen. Das #batmancar vor dem Hotel Méridien erfüllt, ebenso wie die Flotte hochpolierter, ultimativer PS-Karosserien vor dem Casino Monte Carlo, alle Klischees, die mit dem Fürstentum an der französischen Riviera noch immer verbunden sind: auftrumpfender Label-Luxus, Bling-Bling um jeden Preis, mehr Schein als Sein. Doch seit einigen Jahren verfeinert Monaco sein plattes Glamour-Image erfolgreich mit Hilfe der Kunst, vor allem der zeitgenössischen und der der klassischen Moderne.

Der Stadtstaat hat sich, wie andere Orte der Region Provence-Alpes-Côte d’Azur mit der Villa Arson in Nizza, der Foundation Maeght oder der Fondation Carmignac auf der Insel Porquerolles, zu einem Kunst-Hotspot entwickelt. Nicht zuletzt trägt dazu die nun zum sechsten Mal stattfindende Art Monte Carlo im Grimaldi Forum bei, der kleine, feine „Salon d’art“-Ableger der 2012 von Thomas Hug gegründeten Muttermesse Artgenève.

34 Galerien, die meisten mit Stammsitz in Frankreich, der Schweiz oder Italien, aus Deutschland als einzige die Berliner Galerie Esther Schipper, außerdem das asiatische Schwergewicht Tang Contemporary Art (Bangkok, Peking, Hongkong, Seoul) und die Pekinger HdM Galerie des Franzosen Hadrien de Montferrand sowie fünf Händler mit Haupt- oder Nebensitz London, bestätigen die zunehmende Attraktivität von Nischenmodellen mit europäischem Akzent. Lieber weniger Teilnehmer, dafür ein möglichst hohes Niveau – das ist Hugs Devise, der außerdem darauf hinweist, dass die Größe der Messestände zwischen 25 und knapp 40 Quadratmetern à 400/500 Euro pro Quadratmeter dieses Mal relativ homogen sei: „Auch Big Players wie Hauser & Wirth, White Cube, Perrotin oder Almine Rech stellen hier mehr oder weniger auf gleicher Fläche aus.“

Dafür besetzen sie selbstverständlich die Pole Positions unmittelbar hinter dem Eingang. So bewundern Prinzessin Caroline von Monaco und ihr Bruder Prinz Albert am Preview-Tag, umringt von ihren Bodyguards, gleich am Anfang bei White Cube die Maquette von Alexander Calder „The Three Wings II“ aus dem Jahr 1967 (Preis: 700.000 $) neben einem kleinformatigen, um 1981 entstandenen Revolver-Motiv von Andy Warhol für 1,25 Millionen Dollar. Bei Hauser & Wirth war George Condos monumentale, brandneue Papierarbeit „Spring Festival“ (Acryl, Tinte, Metallfarbe, Buntstift) für 900.000 Dollar bereits verkauft, ebenso wie eine großformatige Fotoarbeit von Cindy Sherman aus dem Jahr 2019 aus einer Edition von sechs für 300.000 Dollar. An ihrem unübersehbar am Ende der Hauptachse gelegenen Stand erzählt auch Esther Schipper von Verkäufen der ersten Stunde, darunter eine kleine Skulptur aus bunten Steinen auf hohem Sockel von Ugo Rondinone. Ein monumentales Format des Künstlers flankiert den Eingang zur Messe, genau wie eine tiefblaue Figurine des spanischen Künstlers Manolo Valdès, den die Opera Gallery – auch in Monaco in unmittelbarer Nähe des Hotel Hermitage ansässig – vertritt, und an deren Stand man weitere Arbeiten zu sechsstelligen Preisen erwerben kann.

Zum ersten Mal auf der Art Monte Carlo ist Galerist Andrea Caratsch, der länger „messeabstinent“ war. „Klar hoffe ich, neue Sammler zu gewinnen“, meint er erwartungsvoll. Es sollte ihm eigentlich gelingen, hat er doch neben Raritäten von Helmut Newton und dem hinreißenden Gemälde von John Armleder „Anthericum liliago“ von 2008 (175.000 €), das bereits 2003 entstandene, hybrid-surreale Ölgemälde „The Opera Singer“ von George Condo mitgebracht, zweifellos ein Highlight von musealer Qualität (2,35 Mio. €). Auch exquisit und dank zahlreicher Ausstellungen populär ist die Papierarbeit „Untitled (Espagnole)“ aus dem Jahr 1926/27 zum Preis von 420 000 Euro von Francis Picabia bei Richard Saltoun, der Galerien in London und Rom führt und die Messe ebenfalls testet.

Zum Dinner der Sammler kamen 500 Gäste

Etwas exotisch zwischen den zeitgenössischen Galeristen ist der Altmeisterhändler Moretti Fine Art platziert, der zwei Allegorien des Florentiner Meisters Giovanni Martinelli mitgebracht hat, von denen die der Astronomie (110.000 €) im originalen Prachtrahmen am zweiten Tag noch erhältlich war. Auch Arbeiten von Künstlern mit moderaten Preisen werden gewürdigt. So die floralen, bunten Fayencen des Duos Florentine & Alexandre Lamarche-Ovize (ca. 9000 €) am mit dem Art monte-carlo – F.P. Journe-Preis für die beste Präsentation ausgezeichneten Stand der Galerie Laurent Godin.

Zum Collectors’ Dinner am Donnerstag waren rund 500 Gäste geladen, darunter auch die Großsammlerinnen Patrizia Sandretto Re Rebaudengo und Julia Stoschek. Mit sieben Videoarbeiten aus ihrer Kollektion beamt Stoschek unter dem Titel „Anti-Monuments“ im Espace Indigo gegenüber der Messe die Besucher ins 21. Jahrhundert. Künstler wie die Kanadierin Chloe Wise und die Deutsche Loretta Fahrenholz zeigen, wie die urbane Architektur unserer Städte und Lebensräume Identität formen und deformieren kann.

Das Gegenprogramm eine Etage höher sollte man sich nicht entgehen lassen. Hier offenbart der Pariser Stiletto-Guru Christian Louboutin mit „L'Exhibition(niste)“ nicht nur seine fetisch-tauglichen Kreationen, sondern auch seine Obsessionen und Werke seiner Kunstsammlung, inklusive einer neuen Videoarbeit des britischen Pop Art-Stars Allen Jones. Caroline von Monaco und ihre Familie unterstützen diese Ausstellung wie auch eine weitere im Nouveau Musée National de Monaco. Sie widmet sich der sensationellen Wiederentdeckung des Malers, Zeichners, Innenarchitekten, Bühnenbildners, Filmausstatters und Modedesigners Christian Bérard (bis 16. Oktober). Der Titel der Schau, „Excentrique Bébé“, nach einem Text der Professorin Tirza True Latimer ist eine großartige Hommage an einen Anfang des vergangenen Jahrhunderts berühmten, dann zu Unrecht in Vergessenheit geratenen Künstler und an Exzentrik als Ästhetik des Widerstands. In diesem Kontext ist auch die Ausstellung „Pirates Stew Pot“ von Paul McCarthy in der Monte Carlo-Dependance von Hauser & Wirth sehenswert (bis 27. August). Auf die Messe folgt vom 15.–21. Juli die Auktionswoche des Pariser Versteigerers Artcurial mit hochkarätigem Schmuck, Sammleruhren, Luxushandtaschen, Skulpturen und Comic Strips.

Artmonte-carlo; bis 16. Juli, www.artmontecarlo.ch

Eva Karcher

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