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Kultur: Der Mensch im Wolf

Nachdem das Künstlerduo p.t.

Nachdem das Künstlerduo p.t.t.red erst unter die Bären gegangen ist, beginnen Stephan Micheel und HS Winkler nun auch, mit den Wölfen zu heulen.Hatten sich die beiden 1993 mittels eines Bärenkostüms dem Meister Petz anverwandelt und im Berchtesgadener Nationalpark die Touristen verblüfft, so ist die aktuelle Annäherung an das Tierische am Beispiel des Wolfes im Grunde eine Fleißarbeit, eine Reise kreuz und quer durch deutsche Zoos und Wildgehege, immer auf der Suche nach dem Leitwolf im Rudel.Dieses unter Verhaltensforschern mit dem Buchstaben Alpha bezeichnete Tier wurde auf Video gefilmt.

Oft dauerten die Dreharbeiten mehrere Tage.Die fertigen 15 Video-Clips sind dagegen nur wenige Minuten lang, dazu hängt im Korridor des Kunstamts Kreuzberg eine Galerie von Wolfportraits als Video-Stills, untermalt vom gelegentlichen Heulen der Wölfe aus dem Off.Neben den verschiedenen Individuen des gewöhnlichen Lupus sieht man den weißen Polarwolf und sogar eine echte Rarität: den letzten australischen Beutelwolf, der in den dreißiger Jahren in Berlin das Zeitliche segnete.Dieses Geschöpf mit seiner riesigen Schnauze führt denn auch zum Zentrum der Frage nach dem Wolf als Thema für die Kunst.Der Wolf ist eben nicht nur eine biologische Tatsache, sondern ebenso ein mythisches Wesen, das Märchen und Sagen bevölkert.Rotkäppchen symbolisiert das typische Bild des heimtückischen, gefräßigen und damit gefährlichen Wolfs, der vorzugsweise unschuldige Wesen - ob Kinder oder Schafe - anfällt und verschlingt.

Trotz seines höchst differenzierten Sozialverhaltens wurde der Wolf zum Sinnbild des Bösen, Gemeinen und Räuberischen.Dieses Image des Wolfes hat sich auch nach seiner Ausrottung in Deutschland erhalten, bedenkt man die hysterischen Reaktionen auf einzelne über die Oder eingewanderte Wölfe in Brandenburg.Für das Künstlerpaar p.t.t.red ist der Wolf Exempel für das gegenwärtige Verhältnis von Wildheit und Kultur: Das sogenannte Wilde der Natur wird in der menschlichen Gesellschaft unter Verschluß gehalten.Als Illustration dieser These haben p.t.t.red am Kottbusser Tor einen großen, leeren Käfig aufgestellt, groß und stabil genug, um den "wilden Mann" hinein zu sperren.Die Antwort muß jeder selbst geben: Wie also umgehen mit dem anderen, mit dem, was in Vernunft und Zivilisation nicht aufgeht?

Kunstamt Kreuzberg, Mariannenplatz 2; bis 13.Dezember, Dienstag bis Sonntag 12 bis 18 Uhr.Begleitende Filmreihe vom 12.bis 18.November im Kino Eiszeit.

RONALD BERG

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