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Josquin Desprez war der bekannteste Komponist seiner Zeit

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Der Traum vom goldenen Zeitalter : Die Sphären-Musik des Josquin Desprez

Wird unser Leben von planetaren Energien beeinflusst? Clemens Goldberg spürt in einem Konzertprojekt dieser These nach - mit Kompositionen aus der Renaissance.

Eine „musikalisch-magische Versuchsanordnung“ nennt Clemens Goldberg das Konzertprojekt, das er am 1. Mai in der Kreuzberger Heilig-Kreuz-Kirche mit dem Vokalensemble „L’ultima parola“ präsentieren wird: Es geht um vier Werke, die der Komponist Josquin Desprez um 1510 veröffentlicht hat und in denen er dem Einfluss der Sterne auf das Leben der Menschen nachspürt.

Dass dieser Einfluss existiert, galt Anfang des 16. Jahrhunderts als Tatsache. Josquin, der berühmteste Komponist seiner Zeit, wollte planetare Energien in seine Musik einfließen lassen, um sie dann – durchs Singen angereichert – wieder ins All zu schicken. Die musikalischen Motive dafür lieh er sich aus eigenen Werken – und speicherte damit quasi seine Biografie in den Partituren.

Sie gipfeln in dem Stück „Plus nulz regretz“ („Nie wieder Trauer“), das vorausahnt, wie die Planeten ein neues goldenes Zeitalter entstehen lassen. In den Kanons will Josquin mathematische Gesetze verwirklichen, durch die Verwendung astronomischer Maße Kontakt mit dem All herstellen.

So sollte seine Musik unsterblich werden - und letztlich auch er selbst. „Gut, dass die Inquisition das offenbar nicht verstand oder wahrnahm“, kommentiert Clemens Goldberg. Für ihn stellt der Vokalzyklus diese Geburtsstunde der modernen Vorstellung vom musikalischen Kunstwerk dar. „Musik vertritt heute häufig religiöse Riten und wir führen Meisterwerke der Vergangenheit immer wieder auf, so dass ihr Geist und die in ihnen gespeicherte Zeit immer wieder aufleben“, sagt der Musikwissenschaftler, der in Berlin vor allem als RBB-Musikrezensent bekannt ist. Frederik Hanssen

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