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Katie Mitchells Inszenierung der Oper „Written on Skin“ von George Benjamin kommt aus Aix-en-Provence nach Berlin.

© PASCAL VICTOR/ARTCOMART

Deutsche Oper Berlin: Verführerische Vielfalt

Kaum ein Opernhaus weltweit kann so viele verschiedene Produktionen anbieten wie die Deutsche Oper Berlin. In der Saison 2023/24 werden elf weitere Inszenierungen dazukommen.

Sein Nachfolger wurde zwar schon offiziell vorgestellt - als lame duck, als lahme Ente, wie man das von US-Präsidenten in der zweiten Hälfte der Amtszeit gerne sagt, fühlt sich Dietmar Schwarz darum aber nicht. Schließlich beginnt Aviel Cahn erst im Herbst 2025 als Intendant an der Deutschen Oper – Schwarz hat also noch zweieinhalb Jahre vor sich. Mit über 20 großer Premieren, einschließlich einer Uraufführung von Aribert Reimann.

Los geht es am 30. September mit Giacomo Puccinis „Trittico“. Die drei Einakter, komponiert 1918 für New York, werden eher selten gespielt, an der Deutschen Oper kam zuletzt vor 17 Jahren eine Inszenierung von Katharina Wagner heraus. Jetzt führt Pinar Karabulut Regie, es dirigiert Generalmusikdirektor Donald Runnicles.

Rares von Puccini

Dessen Vertrag läuft noch bis 2027 – ob er danach auch unter dem neuen Intendanten weitermachen will, konnte man den Maestro bei der Präsentation der neuen Saison am Donnerstag allerdings nicht fragen, weil er just am Morgen erkrankt war. Die zweite Chefdirigentenpremiere gilt dem „Intermezzo“ von Richard Strauss, inszeniert von Tobias Kratzer.

Das Frauenkollektiv „Hauen & Stechen“ wird „Nixon in China“ auf die Bühne bringen, das 1987 uraufgeführte Erfolgsstück von Minimal-Music-Meister Johan Adams, das vom Staatsbesuch des US-Präsidenten 1972 bei Mao Zedong erzählt. In Berlin war die Oper bislang nur konzertant zu erleben.

Endlich wieder Belcanto

Und endlich gibt es in Berlin auch mal wieder eine Belcanto-Premiere: Donizettis „Anna Bolena“ nämlich, mit Federica Lombardi als Diva, dirigiert von Enrique Mazzola. Die Inszenierung von David Alden wird aus Zürich ausgeliehen. Sebastian Weigle wird eine Neuproduktion von Tschaikowsky „Pique Dame“ leiten, Regie führt Sam Brown.

Dietmar Schwarz ist seit 2012 Intendant der Deutschen Oper Berlin.

© Isa Foltin / Getty Images für die Deutsche AIDS-Stiftung

Reimanns Vertonung von Oscar Wildes „Dorian Grey“ wird erst in der Finalsaison von Dietmar Schwarz herauskommen, auf der Neueste-Musik-Position im Spielplan 2023/24 steht George Benjamins „Written on Skin“, herausgekommen im vergangenen Sommer in Aix-en-Provence. Vom südfranzösischen Festival stammt auch die Inszenierung von Katie Mitchell, es dirigiert Marc Albrecht

Stars und Newcomer

Premiere sind die Glanzlichter, ein Großteil der Arbeit entfällt an den großen Opernhäusern aber auf das Repertoire, das frisch gehalten werden will. Neben den Neuproduktionen stehen in der neuen Saison an der Bismarckstraße 38 verschiedene Werke im Spielplan, darunter alle zehn Wagner Opern des Bayreuther Kanons.

Für die Besetzungen ist Operndirektor Christoph Seuferle zuständig und er versucht stets eine Balance zwischen altbekannten Stars – nächste Saison sind das zum Beispiel Anja Harteros in „Cavalleria rusticana“, Sondra Radvanovsky in „Aida“, Joseph Calleja in „La Gioconda“ oder Vittorio Grigolo in „Tosca“ – und spannenden Newcomern.

Alle zehn Wagner-Opern

Der Tenor Jonathan Tetelman, 1988 in Chile geboren, ist einer von ihnen. Seinen Durchbruch erlebte er vor zwei Jahren an der Deutschen Oper, mit Riccardo Zandonais „Francesca da Rimini“. Mittlerweile hat er einen Vertrag mit dem Label „Deutsche Grammophon“, ist überall gefragt. Seuferle konnte ihn für Puccinis „Tabarro“ und „Madame Butterfly“ verpflichten.    

Neben dem großen Saal mit 1800 Plätzen – dem größten Berliner Zuschauerraum – gönnt sich Dietmar Schwarz mit der Tischlerei eine weitere Spielstätte mit 350 Plätzen. Hier wird experimentelles Musiktheater gemacht. Und zwar nicht gegen die städtische Off-Szene, wie er betont, sondern im engen Kontakt zu den freien Gruppen.

Experimentelles wagen

Der Intendant nennt die Tischlerei einen „Ideengenerator“ und macht immerhin 300.000 Euro pro Jahr aus seinem Etat dafür locker. Dorothea Hartmann, die künstlerische Leiterin der Nebenspielstätte, kündigt für 2023/24 Produktionen an, die sich mit den Themen Künstliche Intelligenz, Datenkraken und Nachhaltigkeit beschäftigen.

Nicht von Anfang an waren die Abteilungen des Hauses so richtig vom Steckenpferd des Intendanten überzeugt, gibt Dietmar Schwarz zu. Mittlerweile aber machten beispielsweise die Technik und die Kostümabteilung gerne mit bei den innovativen Tischlerei-Projekten.

„Es hat sich da hausintern ein echtes Team gebildet“, schwärmt Schwarz. Spannend sei die Arbeit in der Tischlerei gerade auch für die Azubis, denn sie haben hier die Chance, andere Aspekte des Jobs zu lernen als im Betrieb des großen Saals: „Die Tischlerei strahlt darum sowohl nach innen aus wie auch nach außen in die Stadt.“

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