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Kultur: Deutsche Verlage vorn in Jerusalem

Die Liebe zum Buch zeichnete das jüdische Volk seit Jahrtausenden aus. Auch die Gründer des modernen Staates Israel, die den Lebensstil ihrer Väter vehement ablehnten, pflegten dennoch den Ruf als "Volk des Buches".

Die Liebe zum Buch zeichnete das jüdische Volk seit Jahrtausenden aus. Auch die Gründer des modernen Staates Israel, die den Lebensstil ihrer Väter vehement ablehnten, pflegten dennoch den Ruf als "Volk des Buches". 1963, fünfzehn Jahre nach Staatsgründung, wurde die internationale Buchmesse in Jerusalem erstmals ins Leben gerufen. Seitdem wiederholt sich das Ereignis alle zwei Jahre - unbeeindruckt von den Kriegen, politischen Spannungen und Wirtschaftskrisen, die das Land immer wieder einholen.

Zur 19. Buchmesse in diesem Jahr reisten über 1200 Verleger aus 55 Ländern nach Israel, um ihre neuesten Veröffentlichungen zu präsentieren. Selbst der deutsche Staatsminister für Kultur, Michael Naumann, wollte die Eröffnung in Jerusalem nicht missen. Als ehemaliger Buchverleger war er bei der Jerusalemer Messe mehrere Male beteiligt und wurde deshalb als alter Freund empfangen.

Während die amerikanischen Verlage in der Vergangenheit am stärksten an der Jerusalemer Buchmesse beteiligt waren, wächst in den letzten Jahren die Konkurrenz von deutscher Seite. Allein der Börsenverein des Deutschen Buchhandels stellt dieses Jahr Publikationen von über 200 Verlagen aus. Neben Fremdsprach-Lehrbüchern und Biographien füllen vor allem Werke über deutschjüdische Geschichte die Ausstellungsregale der Verlage. "Mehrere hundert Titel sind in den vergangenen zwei Jahren zu diesem Thema erschienen", so Doris Oberländervom Börsenverein.

Zweifellos wächst bei den deutschen Verlagen auch das Interesse an modernen israelischen Autoren. Neben den Klassikern wie Amos Oz und Meir Schalev stellen die Verlage in Jerusalem verstärkt ins Deutsche übersetzte Titel jüngerer israelischer Schriftsteller aus, darunter Orly Castel-Blum, Dorit Rabinjan und Etgar Keret.

Kommerzielle Umsätze erwarten sich die internationalen Verleger von der Buchmesse kaum. Kontaktpflege und Präsenz stehen an erster Stelle. Eine Ausnahme bildet der Könemann-Verlag, der von israelischen Buchhändlern und Agenten geradezu überlaufen wird. Seit Wochen besetzen Könemanns Kochbücher für Kartoffelgerichte, Nudeln und ähnliches die ersten Plätze der israelischen Bestsellerliste. Die Rezepte der hebräischen Ausgabe sind alle koscher.

Doch auch die Beteiligung der osteuropäischen Verleger ist angestiegen. Vor allem die Neuerscheinungen aus den GUS-Staaten stoßen bei russisch sprechenden Neueinwanderern auf Interesse. Relativ schwach vertreten sind dagegen Verleger aus dem arabischen Raum. Jordanien, Marokko und Ägypten beteiligen sich an der Messe mit jeweils ein bis zwei Ständen. Einige Buchhändler und Agenten aus den palästinensischen Autonomiegebieten werden durch größere internationale Verleger vertreten.

Zev Birger, Direktor der Jerusalemer Buchmesse, sieht auch schon die geringe Beteiligung arabischer Vertreter als Errungenschaft. "Die ersten Kontakte habe ich lange vor Beginn des Friedensprozesses geknüpft", berichtet er. "Langsam scheinen sich die Beziehungen zu stabilisieren."

Im Rahmenprogramm der Buchmesse finden Podiumsdiskussionen, Lesungen und Ausstellungen rund um das Buch statt. Bernhard Schlinks Präsentation seines BestsellerRomans "Der Vorleser", der vor einigen Monaten auf hebräisch erschienen ist, rief eine kontroverse und spannungsgeladene Diskussion hervor. Sie verdeutlichte die Kluft zwischen Deutschen und Israelis trotz intensiven kulturellen Austauschs. Keine Buchmesse ohne Literaturauszeichnung: Der renommierte "Jerusalem Prize" ging an Don DeLillo. Der Preis wird alle zwei Jahre an einen Autor vergeben, der die Idee der "Freiheit des Individuums in der Gesellschaft" in seinen Werken am eindrucksvollsten verarbeitet.

GABRIELE HERMER

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