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Kultur: Die dunkle Stunde

Brittens „War Requiem“ mit dem Philharmonischen Chor

Im hauseigenen Orchester zu spielen, ist an Musikhochschulen nicht immer beliebt. Denn der Instrumentalstudent bevorzugt den Traum, als Solist an der Rampe zu stehen. Das hat der große Violinist Joseph Joachim sicher nachempfinden können, als er 1868 Direktor der Berliner Hochschule für Musik wurde. Trotzdem gründete er zum Wohl der Studierenden und ihrer Ausbildung jenen Klangkörper, dessen Nachfolger heute den Namen Symphonieorchester der Universität der Künste trägt. Lutz Köhler, seit 1999 Professor für Dirigieren an der UdK, steht offenbar dafür ein, dass das Fach Orchesterspiel derzeit mit angemessener Motivation belegt wird. Als Leiter einer Aufführung des „War Requiem“ von Benjamin Britten geht er mit einem pädagogischen Impetus ans Werk, der die in Kammerorchester und großes Orchester unterteilte Studentenschar zu imponierenden Leistungen führt.

Die Komposition, 1962 zur Wiedereröffnung der durch deutsche Bomber zerstörten Kathedrale von Coventry uraufgeführt, keimt im Wurzelwerk abendländischer Geschichte. In Liturgie- und Musikgeschichte, weil Britten dem Chor (Solosopran: Anna Dennis) das lateinische Requiem zuteilt: hier vertreten durch den Philharmonischen Chor, der mit Choristen von der UdK einen erstaunlich homogenen Klang erzielt. Von der Orgelempore wird vernehmlich, dass die Knaben des Staats- und Domchores von Kai-Uwe Jirka sicher geleitet werden. Viel Zustimmung in der ausverkauften Philharmonie.

Das subjektiv gestaltete Requiem ist ein Zeitstück, geronnene Geschichte. Nicht wegdenken lässt sich aus ihr das Paar der ersten Sänger: Peter Pears und Fischer-Dieskau. Ihre Partien auf Texte von Wilfred Owen haben der Engländer Edward Lyon und der Deutsche Thomas Quasthoff übernommen, erfüllen sie mit lyrischer und dramatischer Faszination. Der im Ersten Weltkrieg gefallene Owen wird von einem Dichterkreis um W.H. Auden verehrt, der Britten wesentlich angeregt hat. Es ist seltsam, aus der eingefügten Antikriegspoesie in der Interpretation beides zu hören: Aktualität und eine sehr entfernte Zeitfühligkeit.

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