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Berockt und hochhackig beschuht - sind Frauen an ihrem Bild in der Karrierewelt selbst schuld?

© dapd

Frauen und Karriere: Die eigene Vermausung

Frauen, die keinen beruflichen Erfolg haben, sind feige und faul, schreibt Bascha Mika. Die aktuelle Debatte bringt die ehemalige "taz"-Chefredakteurin damit jedoch nicht weiter.

Das Buch kommt zur richtigen Zeit. Kaum hat die Bundeskanzlerin den Streit über die Frauenquote in Führungsetagen der Wirtschaft mit einem Basta für beendet erklärt, kommt Bascha Mika mit „Die Feigheit der Frauen“ auf den Markt. Mit ihrer Streitschrift will sie Frauen zu mehr Mut aufrufen, schreibt sie. Mut, von dem sie selbst genug hat. Mika war zehn Jahre lang Chefredakteurin der „taz“. Sie ist eine der wenigen Frauen, die es in der Medienbranche nach ganz oben geschafft haben. Freiwillig kinderlos, wie sie betont, was natürlich eine Rolle spielt, auch wenn es in einer gleichberechtigten Welt eigentlich keine spielen sollte. Aber die Welt ist nicht so. Das weiß Bascha Mika und leugnet es nicht. Noch immer verdienen Frauen in vielen Bereichen weniger als Männer und überall dort, wo es um Macht geht, sind Frauen unterrepräsentiert.

Mikas These ist auf den ersten Blick so simpel wie einleuchtend: Die Frauen sind selbst schuld an ihrer Misere. „Wir haben’s vermasselt. Wir Frauen.“ In den vergangenen 40 Jahren sei zwar viel über Ungerechtigkeit geredet worden, aber wenig passiert. Doch während Frauen die Ohnmacht gegenüber den gesellschaftlichen Strukturen verfluchten, hielten sie diese selbst am Leben. Gefangen in der „Weiblichkeitsfalle“ betrieben sie ihre eigene „Vermausung“. Den Fokus legt die Autorin dabei auf gut ausgebildete Frauen, Frauen, die ursprünglich vorhatten, ein selbstbestimmtes Leben mit einem eigenen Einkommen und eine gleichberechtigte Beziehung zu führen. Mika wirft ihnen vor, sich Stück für Stück von dieser Idee verabschiedet zu haben und sich – aus Faulheit und Feigheit – in die typisch weiblichen Rollenmuster begeben zu haben: Raus aus dem Berufsleben mit eigenem Einkommen, hinein in eine Welt, in der es nur noch darum geht, die Kinder zum Tennis zu kutschieren und dem Mann abends ein warmes Essen zuzubereiten.

Mika arbeitet sich dabei an typischen Stationen in der weiblichen Biografie ab, die sie für jene Schnittstellen hält, an denen sich eine Frau für oder gegen ihre Gleichberechtigung entscheidet. Verlieben, Zusammenziehen, Heiraten, Kinderkriegen: Immer wenn es darum gehe, ihre eigenen Interessen durchzusetzen, versagten Frauen reihenweise und richteten ihre Bedürfnisse nach denen des Mannes oder der Kinder aus.

Zu Beginn der Lektüre ist das durchaus unterhaltsam. Mika beschreibt, wie Frauen sich für die Liebe verbiegen und dem Objekt der Begierde zuliebe ihre eigenen Bedürfnisse unterordnen. Ja es stimmt, gesteht sich da ein, wer ehrlich ist: Verliebte Frauen neigen zu Unterwürfigkeit. (Verliebte Männer aber übrigens auch.) Daraus herzuleiten, dass genau an diesem Punkt die Falle zuschnappt und Frauen in die freiwillig gewählte Geiselhaft gehen, bringt die Debatte jedoch nicht weiter. Mika verliert sich im privaten Kleinkrieg der Geschlechter und behauptet in jedem weiteren Kapitel, dass es auch draußen nicht klappen kann, wenn es ja schon zu Hause nicht klappt. Nach dem Motto: Wer seinem Mann durchgehen lässt, dass er das Klo nicht putzt, ist auch nicht in der Lage, sich in der Berufswelt durchzusetzen. In einer Welt, in der sie übrigens meist schlechter bezahlt werden als ihre Männer, weniger Aufstiegschancen haben und in der immer noch viele der Meinung sind, die Kinderbetreuung sei allein Sache der Mutter.

Das sind Tatsachen, die Frauen frustrieren. Aber der Rückzug aus einem Lebensentwurf, der auf eine berufliche Karriere ausgerichtet ist, geschieht eben nicht immer nur aus Feigheit, sondern manchmal auch aus Resignation angesichts der ungerechten Verhältnisse. Das lässt Bascha Mika jedoch nicht gelten. Ihr Ansatz, von der Strukturkritik Abstand zu nehmen und sich die Frau vorzuknöpfen, ist zudem alles andere als neu. Es spielt denen in die Hände, die den Kampf um Geschlechtergerechtigkeit gern in die Verantwortung des Individuums legen und strukturelle Ungleichheiten oder die Möglichkeit ihrer Veränderung leugnen. Somit ist Mikas „Streitschrift“ leider weder ein neuer noch ein bereichernder Ansatz in der Geschlechterdebatte, sondern schlicht kalter Kaffee. Die Frau als Einzelkämpferin wird nichts an ungerechten Strukturen ändern. Dazu braucht es am Ende den Willen vieler Menschen – Männer und Frauen.

Bascha Mika: Die Feigheit der Frauen. Rollenfallen und Geiselmentalität. Eine Streitschrift wider den Selbstbetrug . C. Bertelsmann, München 2011. 256 Seiten, 14,99.

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