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Kultur: Die Erotik des Details

FOTOGRAFIE

Auf die Frage, was Steve Hiett dem Betrachter mit seinen Fotos sagen will, hat er eine einfache Antwort: nichts. Denn die Modefotografie will nur eins, ein Image präsentieren und verkaufen. Doch Hietts Bilder, die Oberflächen feiern und souverän mit Formen spielen, sind der gewöhnlichen Fashion-Fotografie ästhetisch turmhoch überlegen. „Femme cachée“ heißt die Ausstellung in der C/O-Galerie (Linienstraße 144, Mitte, bis 11. Juni, tägl. 11–19 Uhr), und sie macht ihrem Namen alle Ehre: Frauen sind da zu sehen, verdeckt von Schatten, Händen, Haaren, Autotüren oder Taschen.

Der Engländer Hiett studierte Kunst und Grafikdesign, bevor er für „Vogue“, „Nova“ und „Marie-Claire“ zu arbeiten begann. Die gezeigten Werke entstanden zwischen 1978 und 2002, wobei sie zeitlich nicht näher bezeichnet werden. Die fehlende Chronologie macht bald den Reiz der Ausstellung aus, sie lässt den Betrachter grübeln, welcher Mode-Epoche die Bilder wohl jeweils entstammen. Kehrt in der Mode nicht alles irgendwann wieder? Steve Hiett benutzte als einer der ersten Fashion-Fotografen Blitzlicht im Freien, eine Technik, die heute weit verbreitet ist. Farbkontraste, Licht- und Schattenwurf schaffen eine geheimnisvolle Atmosphäre. Falsche Wimpern, kleine Fältchen in der Sonne, ein Handrücken in Großaufnahme – Hiett entdeckt die Erotik des Details. Zwar starrt seine Kamera nur Hüllenwesen an, doch deren Weigerung, sich zu offenbaren, schwingt in den Werbefotos als kalte Zurückweisung mit, als Akt der Unterwerfung, der schöne Frauen in stoisch blickende, herzlose Geschöpfe verwandelt.

Katharina Schäfer

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