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Kultur: Die Regisseurin nahm den Preis in der Berliner Akademie der Künste in Empfang

"So schöne Sachen habe ich noch nie gehört über mich", sagte sie. Dabei ist der Konrad-Wolf-Preis, den die Regisseurin Ula Stöckl am Mittwochabend in der Akademie der Künste entgegennahm, nicht die erste große Auszeichnung in ihrer Laufbahn.

"So schöne Sachen habe ich noch nie gehört über mich", sagte sie. Dabei ist der Konrad-Wolf-Preis, den die Regisseurin Ula Stöckl am Mittwochabend in der Akademie der Künste entgegennahm, nicht die erste große Auszeichnung in ihrer Laufbahn. 1984 erhielt sie für "Der Schlaf der Vernunft", sicher ihren gewichtigsten Film, den Preis der deutschen Filmkritik und das Filmband in Silber. Aber da wurden wohl nicht so schöne Reden gehalten. Viel Böses, so darf man unterstellen, hat Ula Stöckl auch schon hören müssen in ihrem Leben, denn das Kino, das sie macht, ist nicht unbedingt bei allen populär. An diesem Abend war davon höchstens indirekt aus ihren Dankesworten zu hören, an Eva Orbantz von der Deutschen Kinemathek etwa, die nach dreißig Jahren dafür gesorgt hat, dass endlich eine Kinokopie von Stöckls Erstlingsfilm "Neun Leben hat die Katze" vorliegt.

Wie der grüne Pfeil und die Gisela-Züge ist der Konrad-Wolf-Preis der Akademie der Künste eine der wenigen DDR-Errungenschaften, die den Sprung in die neue Zeit geschafft haben. Seit der Vereinigung der West- und Ostakademien 1993 wird der mit 10 000 DM dotierte Preis jährlich alternierend von der Abteilung Darstellende Kunst und den Film- und Medienkünstlern vergeben, zuletzt 1997 und 1998 an Schlöndorff und Michael Haneke. Ula Stöckl, Jahrgang l938, gehört zu der Generation von Filmemachern, die in den Siebzigern mit dem Neuen Deutschen Film die heimische Filmlandschaft aufschreckten und dem deutschen Kino auch international neue Aufmerksamkeit verschafften. Sie war auch die erste Frau, die damals am neugegründeten Ulmer Institut für Filmgestaltung bei Alexander Kluge und Edgar Reitz das Handwerk erlernte. Die Fremdsprachensekretärin Stöckl wollte dort nach ersten Joberfahrungen in der Filmproduktion Drehbuchautorin werden. Dann wurde eine Regisseurin daraus, eine echte Autorenfilmerin.

"Neun Leben hat die Katze", Ula Stöckls Abschlußfilm an der Ulmer Hochschule, lässt Alltagsbeobachtung und Phantastisches, Subjektivität und Analyse, Humor und Wut aufeinander prallen. "Wir haben eben eine patriarchale Erotik", sagt der Mann, der den Anblick von zwei sich aneinander schmiegenden Frauen auf der Hollywoodschaukel so gar nicht ertragen kann, dass er sich dazwischensetzen muß. Dann werden Blumen gegessen, einfach so, Tulpen, Margeriten und Raps frisch vom Feld. Und das alles in prächtigstem Breitwandtechnicolor. Stärker auch als viele andere deutsche Filmemacher und Filmemacherinnen hat es Stöckl auch über die Jahre geschafft, sich ihren Eigensinn im langen Marsch durch Gremien, Produzentenvorzimmer und Filmförderungen zu bewahren. 1991 allerdings schon hat sie ihren bisher letzten Spielfilm gedreht, "Das alte Lied", der die Wiedervereinigung anhand zweier Familien thematisiert, nur dass er damit längst nicht beschrieben ist. Der Rest sind Fernsehaufträge. Dass einiges der alten Frechheit der Resignation gewichen ist, zeigte der Kurzfilm "Rede nur niemand von Schicksal" (1991), der exemplarisch vorführt, wofür der deutsche Autorenfilm von seinen Verächtern so gehasst wird. Deklamationen, Grübelei, deutscher Wald und Mauer-Trümmer, langhaarige Frauen mit langen Mänteln und Hölderlin. Man muss solche Filme nicht mögen. Doch man sollte respektieren, dass sie Ausdruck persönlicher und allgemeiner Geschichte sind.

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