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Kultur: Die volle Moorpackung Fabulous Beast aus Irland bei der Spielzeit Europa

Eigentlich hat ja Pina Bausch seit ihrem „Sacre du Printemps“ das Copyright für die Verwendung von Torf auf der Bühne. Für das Gastspiel der irischen Company The Fabulous Beast bei der Spielzeit Europa wurden nun neun Tonnen Torf auf die Bühne des Berliner Festspielhauses gekippt – und Choreograf Michael Keegan-Dolan verabreicht dann auch die volle Moorpackung: Wühlen, Wälzen im Triebgrund sowie Schlammcatchen der Geschlechter.

Von Sandra Luzina

Eigentlich hat ja Pina Bausch seit ihrem „Sacre du Printemps“ das Copyright für die Verwendung von Torf auf der Bühne. Für das Gastspiel der irischen Company The Fabulous Beast bei der Spielzeit Europa wurden nun neun Tonnen Torf auf die Bühne des Berliner Festspielhauses gekippt – und Choreograf Michael Keegan-Dolan verabreicht dann auch die volle Moorpackung: Wühlen, Wälzen im Triebgrund sowie Schlammcatchen der Geschlechter. Wenn aber ein nackter Mann mit Hundehalsband am Klavier sitzt, denkt man sogleich an Monty Python. Irisches Tanztheater als Kreuzung von Pina Bausch und pythoneskem Humor? „The Bull“ belässt es bei Brachialkomik und brutaler Körperlichkeit. Entschädigt wird man durch Sprachwitz, etwa wenn der Auftrag ergeht: „Kill Colm Cullen aus Kilmaccullen.“

„The Bull“, der zweite Teil der Midlands Trilogy, basiert auf dem irischen Nationalepos „Táin Bó Cúailnge“ („Der Rinderraub von Cooley“), bei Fabulous Beast wird daraus eine dreckige Geschichte von Gier und Geilheit. Erzählt wird von zwei Familien, die sich bis aufs Messer bekämpfen – bis zur Ausrottung.

Krach beim Ehepaar Fogerty: Beide rechnen auf und stellen fest, dass sie exakt diesselbe Summe in die Ehe eingebracht haben. Der entscheidende Mehrwert sowie umkämpftes Machtsymbol ist ausgerechnet ein Zuchtbulle, den sie einst ihrem Gatten übereignete. Matriarchin Maeve, eine Megäre mit wehendem grauem Haar, braucht also einen Bullen und bekommt es dabei mit den Cullen-Brüdern, einer Bande von ausgemachten Dorftrotteln, zu tun. „The Bull“ bezieht seine derbe Komik aus der Zweideutigkeit: Ökonomische Macht wird hier gleichgesetzt mit sexueller Potenz. Wobei die Männer keineswegs im Vorteil sind. Auf den Cullens liegt nämlich der Fluch einer Vorfahrin: Sie werden von wehenartigen Krämpfen heimgesucht – und zwar immer in den unpassendsten Momenten.

Der unbestrittene Star der Aufführung ist Coline Dunne. Er ist der Erzähler, und er macht uns den Hengst – als abgetakelter Gigolo aus der Irish-Dance-Show „Celtic Bitch“. Herrlich, wie der Keltenkitsch hier durch den Kakao gezogen wird. Dunne ist obendrein ein superber Tänzer: Auch wenn die Story einen nicht bei der Stange hält, hat „The Bull“ immer noch die schärfsten Hacken Irlands zu bieten. Sandra Luzina

Haus der Berliner Festspiele, 29. und 30. 11., jeweils 20 Uhr

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