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Kultur: Diese Woche auf Platz 50 Erasure

„Solsbury Hill“

HITPARADE

Über Cover-Versionen werden häufig die Nasen gerümpft. Einfach Lieder anderer Leute zu spielen gilt als unkreativ, höchstens tauglich als Fingerübung oder Repertoirefüller. Dabei hat die Interpretation von Fremdmaterial eine langeTradition. Es gab Zeiten, etwa in den Semiotik-verliebten Achtzigern, da coverten Frankie Goes To Hollywood Stücke von Bruce Springsteen, mit extra falscher Live-Atmosphäre und allem Drum und Dran. Laibach ließen „Sympathy For The Devil“ mit Nazi-Walhalla-Pomp wirklich satanisch klingen. The Residents erwiesen Hank Williams ihre Reverenz. Solche Cover-Versionen, die das Original liebevoll gegen den Strich bürsten, ihm neue Facetten abgewinnen, sind selten geworden. Lieder anderer Leute tauchen meist nur noch als Sample in HipHop-Songs auf. Oder sie werden von Lumpensammlern wie Jan Wayne restverwertet, der in seinem Mixer-Songs wie „Because The Night“ von Patti Smith zu Techno-Pampe püriert.

Die aktuelle Mode schließlich animiert DJs, einfach zwei Stücke parallel laufen zu lassen, aus denen ein neues entsteht. Das spart Zeit beim Hören. Darum geht es Erasure nicht. Das Duo ist in den Achtzigerjahren verwurzelt. Vince Clark, der Keyboarder war Gründungsmitglied von Depeche Mode und Yazoo. Sänger Andy Bell und seine schillernden Fummel erinnern an eine Zeit als androgyne Männer schwer in Mode waren. Ihr kitschgetränkter Synthiepop war immer so britisch wie Roastbeef. Gerade haben Erasure (zu Deutsch: Löschung) ein Album mit „Other People’s Songs“ fertig gestellt. „Solsbury Hill“ die erste Single, war der erste Hit, mit dem Peter Gabriel seine Solo-Karriere nach der Trennung von Genesis begann.

Clark und Bell haben das ungerade Metrum begradigt und lassen Gabriels Hymne auf streng programmierten Synthie-Beats Richtung Ibiza marschieren. Damit haben Erasure „Solsbury Hill “ zwar keine wesentlich neuen Aspekte abgerungen und sind in der zweiten Woche von Platz 29 auf Platz 50 gefallen. Aber sie bescheren Peter Gabriel immerhin ein paar hübsche Tantiemen.

Ralph Geisenhanslüke

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