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Dietmar Ebert: Das Glück des atonalen Erzählens

Glück ohne Schicksal - Dietmar Ebert würdigt den Meister der "Atonalität" Imre Kertesz, mit Fotoessays von Jürgen Hohmuth.

Der Jenaer Kulturhistoriker Dietmar Ebert hat seinem Lieblingsautor eine Einführung gewidmet, die sich wohltuend abhebt von der Prosa wissenschaftlicher Reihen. Es geht um den seit einigen Jahren in Berlin lebenden Ungarn Imre Kertész, der Ebert mit einem László F. Földenyi entlehnten Begriff als Meister der „Atonalität“ gilt – eines Schreibens, das, unter metaphorischem Bezug auf die atonale Musik, nicht mehr in der Tradition beheimatet ist, dennoch auf das Erzählen von Geschichten nicht verzichten mag.

Aus gutem Grund: Kertész’ „Roman eines Schicksallosen“ verdanken wir eine neue Perspektive auf Auschwitz; der Zivilisationsbruch beginnt im banalen Alltag, der das Ich wie selbstverständlich Schritt für Schritt zum Vernichtungsplan führt. Damit hatte der Ungar 1975 einen Entwurf verfasst, der seine Folgebücher aus der Taufe hob: Die Journale „Galeerentagebuch“ und „Ich – ein anderer“, die Romane über die geschlossene Gesellschaft in Kádárs Ungarn („Fiasko“) und die Absurdität der Nach-Auschwitz-Kultur („Kaddish für ein nicht geborenes Kind“); schließlich neben Erzählungen und Essays der späte Roman „Liquidation“. Ebert entlockt dem Œuvre des Nobelpreisträgers seinen Reiz in eindringlichen Einzelanalysen, die sich musikalischen Inspirationen ebenso wie Anregungen Walter Benjamins und Gershom Sholems verdanken. Als Gewährsleute bereichern unter anderem Ilma Rakusa, Ingo Schulze, die Übersetzerin Christina Viragh, Jean-Améry-Herausgeberin Irene Heidelberger-Leonhard, der Musikwissenschaftler Ferdinand Zehenreiter sowie der Fotograf Jürgen Hohmuth diesen Band. Jan Röhnert

Dietmar Ebert (Hg.): Das Glück des atonalen Erzählens. Studien zu Imre Kertész. Mit Fotoessays von Jürgen Hohmuth. Edition Azur, Dresden 2010. 416 S., 24,90 €.

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