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Kultur: Drachen-Sammlung: Steigen lassen

Ein alter Fliegerhorst, die reizvolle Spannung zwischen Alt und Neu, Architektur und Kunst - damit war der Plan geboren, eine große internationale Sammlung in der Provinz zu beheimaten. Trotz der architektonisch brillanten Lösung blieb der Erfolg des Detmolder "Art Kite Museums" jedoch politisch auf der Strecke.

Ein alter Fliegerhorst, die reizvolle Spannung zwischen Alt und Neu, Architektur und Kunst - damit war der Plan geboren, eine große internationale Sammlung in der Provinz zu beheimaten. Trotz der architektonisch brillanten Lösung blieb der Erfolg des Detmolder "Art Kite Museums" jedoch politisch auf der Strecke. Die CDU im östlichen Westfalen möchte sich nach der Eroberung der Rathäuser so gut es geht blamieren, und es gelingt ihr in Sachen Kultur zunehmend besser. Der "Poetischen Landschaft" des Schweizers Peter Zumthor wurde in Bad Salzuflen quasi der Hexenprozess gemacht, in Minden soll umstrittene Kunst so schnöde abgeräumt werden, dass es selbst die Richter inzwischen erbarmte, und in Detmold weiss man mit einem Himmelsgeschenk nichts anzufangen, auf das nicht nur Kopenhagen, Sydney und Montevideo neidisch sind.

Die Lokalpolitiker am Fuße des Hermannsdenkmals, verwöhnt vom Erfolg des größten europäischen Freilichtmuseums der bäuerlichen Lebensformen, hatten sich wohl vorgestellt, mit den 156 fliegenden Panamarenkos, Rauschenbergs, Stellas, Tinguelys, Vasarelys und Wesselmanns - alles in allem 127 von Künstlern gestaltete Drachen mit einem Versicherungswert von rund 60 Millionen Markauf Anhieb Geld verdienen zu können. Als das wie seinerzeit schon im Freilichtmuseum in der Startphase nicht gelang, verdüsterte sich die Atmosphäre zusehends. Die Leidenschaft der Politik für das von Visionär Paul Eubel als internationales Zentrum für Kunst und Kultur betriebene Kunstdrachen-Museum entpuppte sich als Haushaltsmanöver.

Der Initiator der weltweit einmaligen Kollektion, die auf ihrer 12-jährigen Tournee rund um die Welt mit über drei Millionen Besuchern zu einer der gefragtesten Ausstellungen der Kunstgeschichte überhaupt wurde, legte sein Amt nieder. Inzwischen zeigen sich jedoch Hoffnungsschimmer am Horizont. Ein Sponsor ist gefunden, Paul Eubel ist als künstlerischer Berater rehabilitiert, und der so genannte Filigranturm - mit seinen Druckstäben und Zugseilen ein Hinweis auf die traditionelle Drachenbaukunst - soll auch noch entstehen. Es bleibt das Problem, für eine hochkarätige Sammlung in einer Stadt Interesse zu wecken, die mangels weiterer überregionaler Attraktionen nicht zu den kulturellen Brennpunkten gehört. Andererseits liegt die große Chance Detmolds darin, sich mit dieser Sammlung und einem spezifischen Rahmenprogramm samt Drachenbau-Workshops und internationalem "Art Kite Festival" als Ort moderner Kunst zu profilieren. Der ebenso zauberhafte wie sensible Ort, den Volkwin Marg mit nur 14 Millionen Mark realisierte, hat derartige Aufmerksamkeit verdient.

Der Boden der weiträumigen Halle wurde abgesenkt, um den Objekten unter den Aluminiumrosten des "Schnürbodens" noch mehr Luft zu geben. Eine umlaufende, über Treppen und Rampen angeschlossene Galerie markiert das ursprüngliche Niveau und erschließt die dreiseitig angeschlossenen Depot-, Werkstatt-, Verwaltungs- und Sonderausstellungsbereiche sowie das Museumscafé im ehemaligen Tower. Mit Hilfe von einzeln aufgehängten Textilbahnen ist der zentrale Ausstellungsraum zwar labyrinthisch angelegt, aber die Orientierung zwischen den "Wolkenschleiern" geht nicht verloren.

In der Symbolik einer Brücke zwischen den Nationen könnte dieses Motiv auf heiklem historischem Boden zu einem neuen Wahrzeichen Detmolds werden.

Klaus-Dieter Weiss

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