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Robin Ticciati, Chefdirigent des DSO

© Monica Menez / DSO

DSO mit Ticciati und Tetzlaff: Auf die Mischung kommt es an

Heterogenes Programm: Das Deutsche Symphonie-Orchester mit Robin Ticciati und dem Violinisten Christian Tetzlaff.

Hinter den glitzernden Klavierkonzerten ist die Symphonik von Serge Rachmaninoff als Randerscheinung in den Hintergrund des Vergessens geraten. Das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin wagt sich jetzt mit seinem Chefdirigenten Robin Ticciati an die ungekürzte, sehr umfangreiche zweite Symphonie e-Moll. Und der schwere, dunkle Mischklang verfehlt seine Wirkung nicht.

1908 unter der Leitung des Komponisten in St. Petersburg uraufgeführt, vereint die vier Sätze der eigenartige Schmelz einer integrierenden Technik, die das DSO tatsächlich als mächtigen „Klangkörper“ im Wortsinn präsentiert. Es ist ein Werk der Steigerungen, im Crescendo zeigt sich der Meister. Auch im Kontrapunkt des Scherzos.

Die Partitur zielt immer auf die Ganzheit des Orchesters, indem sie die instrumentalen Soli einschmilzt, die Bläser mit Streichern grundiert. Als historisches Dokument einer Tschaikowsky-Nachfolge darf die Aufführung durch das DSO in der Philharmonie begrüßt werden, zumal Ticciati es ohne seine mitunter inständige Neigung zum Übertreiben akkurat und liebevoll ausbreitet. Es ist Musik zum Versinken und Genießen. Umflorte Lyrik, großes Orchester, eine Stunde Dauer, Integrationsklang.

Königin der Solokonzerte für Violine

Im heterogenen Programm stellt sich Rachmaninoffs gigantisches Werk als perfekter Kontrast zum Eröffnungsstück des Abends dar: „Sudden Time“ von George Benjamin nach einem Gedicht von Wallace Stevens. In diesem Stück aus zwei Teilen, in dem Zeitschichtungen thematisiert werden, begegnet die Musik als tönend bewegte Differenzierung. Benjamin, gegenwärtig Composer in Residence der Berliner Philharmoniker, ist geprägt von seiner Studienzeit bei Messiaen. In „Sudden Time“ (1989/93) öffnet sich eine reiche Klangpalette, auf der jedes Instrument in seinem farblichen Eigenwert beleuchtet wird.

Das einzige Violinkonzert Beethovens besteht in seiner Gattung ohne Rivalen. Es ist die Königin der Solokonzerte für Violine. Christian Tetzlaff als gefeierter Solist weiß auf seinem Instrument träumerisch zu singen und Glanz zu entfalten. Bewundernswert ist, dass sein Pianissimo in hoher Lage zärtlich klingt, aber fern bleibt von falscher Süße. Es ist ein Violingesang von apollinischer Klarheit, der den Saal in die Stille zwingt. Direkt hinter den Celli, also im Orchester platziert, tritt Jens Hilse mit kammermusikalischem Paukenspiel hervor. Ticciati ist sich hier seiner symphonischen Aufgabe bewusst. Im breit ausgeführten Vorspiel, aus dem sich die Solostimme löst, wie auch in der Wechselrede der Musiker mit Tetzlaff betont er als Dirigent, dass es um ein Konzertstück für Orchester mit einem überstrahlenden Instrument geht.

Die Zugabe einer Gavotte aus den Partiten Johann Sebastian Bachs verlängert das ungewöhnlich lange Konzert auf liebliche Weise.

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