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Kultur: Dünnhäutig

Regisseur Jean Becker über Romane und Gefühl

Ist Ihr Film „Das Labyrinth der Wörter“ eine Liebesgeschichte?

Auf jeden Fall. Wenn Margueritte ein paar Jahrzehnte jünger wäre, hätte aus den beiden ein Paar werden können. So bleibt es eine platonische Liebe.

Margueritte führt Germain in die Welt der Literatur ein. Ist ein solches Erweckungserlebnis auch durch das Medium Film vorstellbar?

Das Kino kann das vielleicht sogar noch besser als die Literatur, weil Filmbilder zugänglicher und einfacher zu verarbeiten sind. Dialoge oder ein Gedicht, das auf der Leinwand vorgetragen wird, können die gleiche Wirkung erzielen wie die Buchlektüre. Auch im kreativen Herstellungsprozess liegen Buch und Film nicht weit auseinander: Der Schriftsteller hat Bilder vor Augen, die er in Worte fasst, und der Filmemacher nimmt Worte, die er in Bilder umsetzt.

Sie verfilmen vor allem Romane. Warum?

In Romanen sind Abläufe festgelegt, die in mir bestimmte Bilder hervorrufen. Natürlich müssen auch die Dialoge stimmen, aber die visuellen Eindrücke, die in einem Roman beschrieben werden, sind mir sehr viel wichtiger.

Stört es Sie, dass man Ihre Arbeiten oft als sentimental bezeichnet?

Ich bin ein sentimentaler und sehr dünnhäutiger Mensch. Das heißt aber nicht, dass ich die Leute im Kino absichtlich zum Weinen bringen will. Das ist einfach meine Art, auf die Welt zu blicken.

Anders als viele Ihrer französischen Kollegen drehen Sie meist in der Provinz. Warum bevorzugen Sie das ländliche Setting?

Paris ist für mich zu turbulent. In der Provinz wird man als Filmteam mit offenen Armen empfangen, und die Zusammenarbeit ist intensiv und konzentriert. Mittlerweile ist das schon wie ein Reflex: Wenn ich ein Projekt angeboten bekomme und die Geschichte ist in Paris angesiedelt, dann lasse ich die Finger davon.

Die Fragen stellte Martin Schwickert.

JEAN BECKER (72) ist ein Hitlieferant

unter Frankreichs

Regisseuren. Bekannteste Filme: „Ein mörderischer Sommer“ (1983), „Elisa“ und „Ein Sommer auf dem Lande“ (1999)

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