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Kultur: Ein etwas kleinerer Riese

Die Bonnier-Holding kauft Econ-Ullstein-List von Bertelsmann

Die Nachricht dürfte die Besucher der Buchmesse kommende Woche nachhaltig beschäftigen: Bertelsmann/Random House verkauft bis auf den Heyne Verlag alle Unternehmen der Ullstein-Heyne-List-Gruppe (UHL) an die schwedische Medienholding Bonnier. Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart. Bonnier, die in Deutschland schon Piper, Thienemann, Ars Edition und den Harry-Potter-Verlag Carlsen besitzen, will Econ, Ullstein, List, Propyläen, Claassen und Marion von Schroeder eigenständig weiterführen. Von Heyne werden auch die Esoterik- und Fantasy-Reihen übernommen. Sollte das Bundeskartellamt auf der für Ende Oktober anberaumten Sitzung zustimmen, werden die Karten im deutschen Verlagswesen neu gemischt.

Die Transaktion ist ein Kompromissangebot Bertelsmanns an das Kartellamt. Denn als die Gütersloher im Februar vom Axel Springer Konzern UHL erwarben, runzelten die Kartellwächter die Stirn. Durch den Zusammenschluss des Marktführers für populäre Unterhaltung und Sachbuch sowie Taschenbuch (Goldmann, Blessing, Goldmann, Knaus und Siedler) mit dem Branchendritten UHL sollte ein Riese mit etwa 424 Millionen Euro Umsatz entstehen. Der nächste Wettbewerber, die Verlagsgruppe Holtzbrinck (Fischer, Rowohlt, Droemer-Weltbild, Kindler und Kiepenheuer & Witsch), setzt gut die Hälfte um, Verlage wie Suhrkamp oder Hanser weniger als ein Achtel. Besonders im Taschenbuchbereich sah das Kartellamt durch Goldmann und Heyne eine Marktdominanz von 34 bis 39 Prozent entstehen.

Nach anfänglichem Muskelspiel auf beiden Seiten wurden die Töne der Kontrahenten im Juni konzilianter. Bertelsmann bot an, anstelle aller 15 Verlage nur drei, dann nur noch Heyne übernehmen zu wollen. Konkurrenten hatten immer unterstellt, dass es dem Konzern nur um das profitable Filetstück und nicht um die übrige, stark defizitäre UHL-Gruppe (Gesamtumsatz in 2001: 167 Millionen Euro; Verlust: 46 Millionen Euro) ging. Diese wollte der jetzige UHL-Verleger Christian Strasser im Verein mit einer schweizerischen Investmentgesellschaft übernehmen. Bertelsmann sprach mit zwei weiteren Interessenten, seit September auch mit Bonnier, die in nur fünf Wochen zum Ziel kam. Die Medienholding ist im Besitz der 60-köpfigen Familie und umfasst 200 Unternehmen vor allem in Nordeuropa. In Deutschland würde sie mit dem Kauf von der Econ-Ullstein List-Gruppe (60 Millionen Euro Umsatz) auf 160 Millionen Euro Umsatz kommen und zum Branchendritten aufsteigen.

Nun muss das Kartellamt beurteilen, ob Bertelsmann ohne die Heyne-Segmente Esoterik und Fantasy unter die relevanten 30 Prozent Marktanteil rutscht. Sollte es diese Frage verneinen und die Übernahme von Heyne untersagen, wird Bertelsmann das Geschäft mit Bonnier annullieren. Natürlich können sich weder Hartmut Jedicke, der stellvertretende Geschäftsführer von Bonnier Media Deutschland, noch Bertelsmann-Pressesprecher Tim Arnold diesen Fall vorstellen. Das Kartellamt ist am Ball. In diesem Verfahren hat es bisher erfolgreich gepokert.

Jörg Plath

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