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Kultur: Eine Stimme wie neu erfunden

Ein Abend der Lieder ohne Worte.Wenn Meredith Monk auf die Bühne tritt, läßt sie den Ballast der Sprache hinter sich.

Ein Abend der Lieder ohne Worte.Wenn Meredith Monk auf die Bühne tritt, läßt sie den Ballast der Sprache hinter sich.Allein aus Vokalisen, Zisch- und Atemgeräuschen bildet die Altmeisterin der Vokalperformance ihre Stücke und unterstreicht allenfalls deren rasch wechselnde Klangcharaktere mit ausladenden Gesten - Reflex ihrer Mehrfachbegabung für Gesang, Komposition, Choreographie und Regie.

Im Hebbel-Theater begann sie den Abend mit einer Auswahl der "Songs from the hill" (1975/76), jenes abendfüllenden Solo-Zyklus, der zusammen mit "Our lady of late" (1973) ihren Ruhm begründete.Differenzierte Obertongestaltung durch virtuosen Umgang mit den Resonanzräumen, präzis in raschem Tempo knatternde Glottisschläge und Glissandi, die immer wieder das diatonische System aufweichen, verschmelzen zu einem überzeugenden ästhetischen Statement.Die Mittel der westlichen Avantgarde, wie sie Cathy Berberian repräsentiert hatte, und ethnomusikalische Techniken werden unter dem entspannten nordamerikanischen Blick der schamanenhaft anmutenden Naturbeschwörung dienstbar gemacht.Es ist, als erfände Meredith Monk für jeden Song ihre Stimme neu.Eine gewisse Enge von Projektion und Atem, wie die klangliche Distanz schaffende Verstärkung, sind da zu verschmerzen.

Die "Light Songs" (1988) verblüffen noch durch ihre Zweistimmigkeit von Summen und Klickgeräuschen, die "Vulcano Songs" (1994) stehen bereits für die jüngere Produktion, deren modale Repetitionen bald langweilig werden.Besonders im zweiten Teil, in dem Monk sich am - ebenfalls verstärkten - Flügel zunächst selbst begleitete, dann sich von dem routinierten Clark Stiefel sekundieren ließ, ermüdete rasch die wenig originelle, melancholisch molldominierte Harmonik.Dabei gelang der Sängerin in dem abschließenden "New York Requiem" (1993) eine zuvor unerreichte Aufrichtigkeit, eine bedrückende Innerlichkeit im Gedenken an die Aids-Opfer der Gay-Metropole.In Anlehnung an Martha Graham hatte Meredith Monk einmal bemerkt, daß die Stimme nicht lügen könne.Hier hatte sie es wahrlich nicht nötig, es zu versuchen.

Noch einmal heute, 20 Uhr

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