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Kultur: Eine Waffe auf zwei Beinen

Barry Eisler entdeckt das Verbrechen im Netz.

Für Erpresser ist das Internet eine Datenbank, in der sich findet, was sie über ihre Opfer wissen müssen. Das ist die These, aus der Barry Eisler einen strammen Thriller entwickelt hat. Der Autor selbst, 1964 geboren und heute in San Francisco zu Hause, behauptet im Nachwort mit Hinweis auf verschiedene Internetseiten sinngemäß, seine Geschichte bewege sich nahe an der Wahrheit. Das glaubt man ihm – ungern.

Überhaupt ist „Eiszeit“ kein Krimi für Leute, die Verbrechen gern in gemütlichem Ambiente haben. Im Silicon Valley der Online-Entwickler haben Software- Erfinder und Anwälte ein virtuelles Spielfeld, auf dem alles möglich ist – die ganz steile Karriere wie der ganz große Lizenzverkauf, der einen von heute auf morgen für immer reich macht. Richard Hilzoy, Erfinder einer Verschlüsselungssoftware, ist auf dem Weg zu seinem Anwalt, um das Geschäft seines Lebens perfekt zu machen, als er eine Kugel in den Kopf bekommt. Auch auf virtuellen Spielfeldern wird scharf geschossen.

Barry Eisler konstruiert ab hier einen geradezu klassischen Reißer: Der Anwalt gerät selbst in Lebensgefahr, tut sich mit einem Bruder zusammen – zum Glück ein Elitesoldat, sprich eine Waffe auf zwei Beinen – und nimmt auch die schöne Kollegin mit, von der man anfangs nicht weiß, ob sie eher gefährdet oder gefährlich ist. Okay, das klingt ein bisschen konventionell, das ist es auch – aber spannend wie ein guter Actionfilm. Was Eislers Buch darüber hinaus zu einem düster-packenden Lesestoff macht, ist der in den Thriller eingebaute Sachbuchgehalt: Wer hat welche Spuren im Netz hinterlassen? Wer kommt wem wie und warum auf die Schliche? 

Das gibt Eislers „Todescode“ einen zweiten, virtuellen Hintergrund. Und es geht nicht um Facebook, auch nicht um überaus perfide, nur noch den Nerds verständliche Programme, sondern um den täglichen Verkehr im Netz, von dem so viele glauben, er sei nur für einen selbst interessant und von Bedeutung.

Krimis können weit vorne sein, wenn es um das Gefühl und die Gefahren der Zeit geht, in der man lebt. Da verzeiht man Eisler den etwas flachen Bruderkonflikt zwischen dem Anwalt und dem Soldaten und den etwas schlichten Migrationshintergrundkonflikt der Anwältin leicht. Werner van Bebber

Barry Eisler:

Todescode. Aus dem Amerikanischen von Ulrike Wasel und Klaus Timmermann. Fischer Taschenbuch, Frankfurt a. M. 2011. 363 Seiten, 9,99 €.

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