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Kultur: Eines der wichtigsten deutschen Kulturgüter findet keinen Abnehmer (Glosse)

Über eines der wertvollsten Kulturgüter Deutschlands verhandeln derzeit Herbert Moser und Klaus von Trotha. Moser ist finanzpolitischer Sprecher der SPD in Stuttgart und hat vorgeschlagen, Baden-Württemberg könne für Deutschland sich dieses Kulturgut sichern, indem es anderen Landesbesitz verkauft.

Über eines der wertvollsten Kulturgüter Deutschlands verhandeln derzeit Herbert Moser und Klaus von Trotha. Moser ist finanzpolitischer Sprecher der SPD in Stuttgart und hat vorgeschlagen, Baden-Württemberg könne für Deutschland sich dieses Kulturgut sichern, indem es anderen Landesbesitz verkauft. Von Trotha ist Kultusminister in Baden-Württemberg und lehnt Mosers Vorschlag ab.

Das begehrte Kulturgut ist ungefähr zu vergleichen mit Homers Manuskript der "Odyssee", in altgriechischer Blindenschrift. Oder mit der handschriftlichen Rohfassung von "Romeo und Julia" aus dem Gänsekiel von William Shakespeare. Angenommen, so ein Kulturgut würde plötzlich in England auftauchen, dann würde der Buckingham-Palast in London die Fahnen setzen und die Queen persönlich zum Schatzmeister gehen, um die Rohfassung von "Romeo und Julia" in Shakespeares Tinte aufzukaufen, und nie im Leben müssten irgendwelche finanzpolitischen Sprecher Überlegungen anstellen. Nur in Deutschland, da kommt keine Queen, da kommt kein Schröder, nicht mal ein Naumann kommt, sondern Herbert Moser.

Wenn in Amerika Originalnotizen von George Washington auftauchen würden, dann gäbe es am nächsten Tag eine dicht gestaffelte Sponsorenkette. Nur in Deutschland, da muss Herbert Moser darüber nachdenken, wieviel Tafelgeschirr Baden-Württemberg verkaufen muss, damit 25 Millionen zusammenkommen, so viel kostet nämlich eines der wichtigsten Kulturgüter der Deutschen, was wiederum bei einem Haushalt von 65 Milliarden Mark in Baden-Württemberg auch nicht so viel ist.

Armer Nibelungendichter! Wegen der Handschrift seines sagenhaften Liedes wurde Donaueschingen zum Zentrum weltweiter Germanistik. Jetzt aber will das Fürstenhaus Fürstenberg aus Donaueschingen verkaufen; der Fürst ist nicht mehr flüssig, und sein vier Hektar großes Dach ist kaputt. Ins Ausland zu verkaufen geht nicht, bei so wichtigem nationalen Kulturgut. Baden-Württemberg will nicht. Bayern sagt, zu teuer. Und Naumann sagt: Wenn keiner kauft, muss es eine Ausnahmeregelung geben.

Man ahnt schon, wie die aussieht: Herbert Moser, als letzter Vasall des Nibelungenliedes, im Anflug auf Tokio. Dazu ertönt der Walkürenritt!

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