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Kultur: Einfach, schlicht und bescheiden

"Was ich an meinen neueren Arbeiten gut finde", sagt Heidi Specker selbst, "ist, daß sie minimalistisch sind, leicht und hell." Das stimmt.

"Was ich an meinen neueren Arbeiten gut finde", sagt Heidi Specker selbst, "ist, daß sie minimalistisch sind, leicht und hell." Das stimmt.Ihre früheren Arbeiten zeigten ganze Gebäude mit jener typischen Architektur der 60er und 70er Jahre, digitalisiert und ein paar mal durch den Blur-Filter des Photoshop-Programms gejagt, so daß sie weich und schmelzend aussahen, dazu in den Farben ziemlich verpopt.Diesmal geht Specker noch näher heran, focussiert auf die Details.Es handelt sich nur noch um Ausschnitte aus den alten Motiven.Es bleiben "Elemente" übrig wie jene stilisierten Betonrosetten oder kristallinen Raster, die für die Fassaden jener Architekturepoche so charakteristisch sind.Heidi Specker gründet hierauf ihre "Teilchentheorie", so der Titel ihrer Ausstellung bei Barbara Thumm.

Denn im Grunde funktioniert die Ästhetik dieser Architektursprache wie eine Vorwegnahme der digitalen Produktion, wo mit "Copy" und "Paste" die Möglichkeit der unendlichen Reproduzierbarkeit von einzelnen Elementen auf einen Tastendruck reduziert wird.Zusammengenommen funktionieren die multiplizierten Elemente wie ein Raster, das ganze Flächen ausfüllt.

Aus solchen Rasterelementen aus Beton oder Stahl lassen sich ganze Städte bauen.Ob Ost-Berlin mit seinem Centrum-Warenhaus am Alexanderplatz (heute Kaufhof) oder West-Berlin mit dem Hansaviertel.Heidi Specker wählt zur Veranschaulichung in der Ausstellung diesmal allerdings lieber eine Überblickstotale von Los Angeles mit seinen verschlungenen Highways.Auch hier zeigt sich eine Ähnlichkeit zwischen den Haupt- und Nebenwegen der Autostraßen, die verschiedene Teile der Stadt miteinander vernetzen, und einem anderen Bild der Ausstellung mit dem Titel "Chipfenster".Das Fenster gibt auf seinem Glas den Bauplan eines Mikroprozessors wieder.Vielleicht eine architektonische Caprice, vielleicht aber auch mehr.

Der Analogie zwischen alter gebauter und neuer virtueller Umwelt könnte man tatsächlich noch weiter bis auf die Pixel-Ebene auf den Grund gehen, jenen kleinsten Teilchen, woraus sich das digitale Bild zusammensetzt.Was also bei den virtuellen Bildern das Pixel ist, ist - jedenfalls in der von Specker gewählten Architektur - die "Betonblume", die Betonwabe oder ein metallenes Gitterrasterelement.

Daß 60er-Jahre-Architektur und Computerwelten formale wie technische Ähnlichkeiten aufweisen, ist keineswegs Zufall, sondern das Ergebnis des damaligen Zeitgeistes.Kybernetik, Informationsästhetik und konkrete Kunst regierten das Feld.Daß man die Welt in ihre kleinsten Elemente auflösen könnte, um sie künstlich und maschinell wieder zusammenzusetzen oder gar neu zu bauen, diese nur technisch zu bewerkstelligende Idee war einerseits der Input des Computers und andererseits der Output von Kunst und Architektur.

Seit der Computer Massenmedium geworden ist, besteht das Bild der Welt nun wirklich aus genau diesen Rasterpunkten, den Bildatomen aus den Rechenmaschinen.Und man sehnt sich geradezu zurück zu jenen "Elementen", die noch nicht virtuell, sondern konkret waren, aus Beton, einfach, ehrlich, schlicht und bescheiden, so wie Heidi Specker sie liebt.Ihr Motive erscheinen plötzlich in einem anderen Licht, waren sie doch noch nicht jene neo-historistische Schein- und Protzarchitekturen, die ihren Ursprung im Computer Added Design, also im Pixelraster, verleugnen. RoB

Galerie Barbara Thumm, Auguststraße 22, bis 29.Januar, Dienstag bis Freitag 14-19, Sonnabend 13-17 Uhr.

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