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Kultur: Eintracht Hamburg

Die Verantwortlichen der Elbphilharmonie demonstrieren Harmonie. Jetzt wird weitergebaut.

Auf Europas größter und Deutschlands teuerster Kulturbaustelle in der Hamburger Hafencity drehen sich nach eineinhalb Jahren Stillstand wieder die Kräne. Diehochambitionierte Elbphilharmonie auf den Füßen eines alten Kaispeichers soll nach den Worten von Hamburgs parteiloser Kultursenatorin Barbara Kisseler in der ersten Jahreshälfte 2017 eröffnet werden. Die Baufirma Hochtief verspricht zudem, alle mit der Stadt vereinbarten Bauabschnittstermine und die vertraglich fixierte Übergabe im November 2016 einzuhalten. In 90 Metern Höhe kamen am Mittwoch die Verantwortlichen zusammen: neben der Kultursenatorin der Hochtief-Projektleiter Thomas Perkowski, der für das Büro von Herzog und de Meuron verantwortliche Architekt David Koch sowie der Geschäftsführer der städtischen Projektrealisierungsgesellschaft ReGe, Martin Heyne. 

Sie demonstrierten eine Eintracht, die seit Baubeginn im April 2007 nie gegeben war. Vielmehr verzögerten Streitigkeiten etwa um die Statik den Zeitplan, die Kosten explodierten. Jetzt sitzt erstmals eine Planungsgruppe aus Architekten und Ingenieuren zusammen, insgesamt 110 Mitarbeiter, um den gigantischen Bau fertigzustellen, in dem neben dem eigentlichen Konzertsaal auch ein Hotel und Parkhaus sowie Gastronomie und Wohnungen untergebracht werden. Der Hamburger Senat hat sich mit dem mehrheitlichen Votum der SPD-Fraktion bei Enthaltung der FDP und den Gegenstimmen von CDU, Grünen und Linken die neue Vertragsgestaltung mit Hochtief parlamentarisch absichern lassen.

Nun trägt der Essener Konzern alle Verantwortung und Risiken und garantiert für jeden einzelnen Bauabschnitt, dass er rechtzeitig fertig wird – eine Neuordnung, für die der Stadtstaat Hochtief nochmals eine Geldspritze über 198 Millionen Euro gewährt. Damit kostet der Kulturtempel den Hamburger Steuerzahler inzwischen 789 Millionen Euro.  Die Gesamtkosten liegen sogar bei 865 Millionen Euro. Spenden sollen die Differenz ausgleichen. Zur Erinnerung: Mitte 2005 kalkulierte man für den Bau noch 77 Millionen Euro.

Zwei Untersuchungsausschüsse der Bürgerschaft haben sich bereits an der Frage, wer die Kostensteigerungen verantwortet, die Zähne ausgebissen. Da der SPD-geführte Senat nun gegenüber Hochtief auf Schadenersatzforderungen verzichten will – die die ReGe Ende 2012 noch auf über 240 Millionen Euro beziffert hat –, wird sich wohl noch dieses Jahr ein weiterer Untersuchungsausschuss konstituieren. Formell muss aber noch der Abschlussbericht des bisherigen Prüfgremiums abgewartet werden. Die hanseatische CDU überlegt sogar, gegen die jüngste Vertragsentscheidung der Bürgerschaft Klage beim Hamburgischen Verfassungsgericht einzulegen. Sie begründet das mit einem angeblichen Verstoß gegen die Landeshaushaltsordnung.

Trotz dieses Gegenwinds bleibt Senatorin Kisseler gelassen. Spricht man sie auf die „irgendwann einmal fertige Elbphilharmonie“ an, reagiert sie aber verärgert: „Das Konzerthaus ist im Herbst 2016 fertig!“ Freilich räumte sie ein, dass womöglich noch „manch eine Klippe“ zu bewältigen sei. Auch Geschäftsführer Heyne will nicht ausschließen, dass es mit Hochtief noch zu juristischen Auseinandersetzungen kommt. Er sieht sich als Controller und will sich jetzt erst einmal darauf konzentrieren, dass zum 15. September – wie zugesagt – die technische Planung für den Konzertsaal und ein Sicherheitskonzept vorliegen. Laut Kisseler soll der Rohbau Ende November fertig sein. Die Neuordnungsvereinbarung sei keine Liebesheirat, sondern eine Vernunftehe. „Die halten bekanntlich länger“, so die Senatorin. Dieter Hanisch

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