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Kultur: Engelsmusik

Marek Janowski mit Gil Shaham und dem RSB.

„Gil Shaham kommt 2015 wieder“: Wenn das Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin bereits im Januar 2014 mit dieser Nachricht einlädt, ist das Werbung und programmatische künstlerische Partnerschaft zugleich. Übers Jahr wird der amerikanische Geiger, der in Jerusalem debütiert und seither Erfahrungen als international gefragter Solist gesammelt hat, das Konzert von Benjamin Britten spielen.

Diesmal geht es in der Philharmonie um das Violinkonzert von Alban Berg, das vielleicht persönlichste Werk des Komponisten. Es ist „Dem Andenken eines Engels“ gewidmet, nämlich der 19-jährig an Kinderlähmung gestorbenen Manon Gropius, Tochter Alma Mahlers. Mit seiner Zwölftonreihe, die sich auf die leeren Saiten des Instruments stützt, verbindet es den eigenen „Ton“. Er besingt Wehmut, das zarte Mädchenbild mit Tanzcharakteren aus der Welt Mahlers, mit dem Bach-Choral „Es ist genug“ den Abschied – und birgt zahlensymbolische Geheimnisse.

Die Interpretation Gil Shahams und des Dirigenten Marek Janowski geht davon aus, dass Sologeige und Orchester in der Partitur thematisch gleichberechtigt sind. Das bedeutet ein Konzentrat gemeinsamen Musizierens. Bis in die schwierigsten Grifftechniken lässt der Zaubergeiger sich darauf ein, mit dem Orchester, seinen Violin- und Bratschenkörpern und seinen Solisten zu duettieren. Dem Klagegesang antwortet ein Moment atemloser Stille, bevor der Beifall ausbricht. Was Shahams Kunst in diesem Werk so singulär erscheinen lässt, ist das Phänomen ihrer gleichsam verschwiegenen Präsenz, Note für Note.

„Brahms, der Fortschrittliche“, hat Arnold Schönberg formuliert. So liegt ein Hauch von Wiener Schule über dem Programm, das nach dem Berg-Konzert die Erste von Brahms enthält. Auffällig das wunderbar ausgehörte Ensemble der Solobläser, Janowskis Orchestererziehung eben. Darauf kann er bauen, wenn er sich ungewöhnlich vehement in die Musik stürzt. Schläge in Bässen und Pauke. Flexibilität der Mittelsätze. Das Kämpferische des ersten Allegros wird betont und das Finale so leidenschaftlich über Beethoven hinaus dramatisiert, dass der Maestro ins Springen gerät. Sybill Mahlke

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