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Kultur: Ernests Zukunft

KAMMERMUSIK

Guillaume Lekeu wurde nur 24 Jahre alt, Ernest Chausson 44. Der eine starb an Typhus, der andere an einem Fahrradunfall. Joseph Haydn (77 Jahre) und Ernst Krenek (91!) beendeten ihr Leben friedlich im Bett.

Haydns viertes Streichquartett aus der Sammlung von op. 20 zeugt vom Drang weg vom divertimentohaften hin zum gleichberechtigten Miteinander der vier Stimmen. Das Petersen-Quartett stürmte und drängte im kleinen Saal des Konzerthauses derart auf Notentext und Instrumente ein, dass manch aggresiver Nachschlag in gerissenen Bogenhaaren kulminierte. Ernst Kreneks Götter waren Schubert und Schönberg, sein Bestreben, den Ausgleich zu finden zwischen Schönheit und geistiger Emanzipation. Wenn die Petersens sein erstes Streichquartett spielen, scheinen diese Pole eine seltsame Synthese einzugehen. Das frei atonale, von fugati durchzogene Werk ist da nicht nur spannend wie ein Krimi, sondern auch schön wie Sophie Koch. Die Mezzosopranistin gesellte sich für Guillaume Lekeus „Nocturne“ hinzu, ein impressionisierendes Stückchen für gut geölte Gurgeln, und damit bei Mademoiselle Koch, die auch über den notwendigen Schlafzimmerblick verfügt, hervorragend aufgehoben. Das Fragment aus der „Andromède“ des Komponisten wirkt schon wesentlich reifer. Und das wunderbare „Chanson perpetuelle“ von Ernest Chausson zeigt, in kluger Programmfolge, wohin es mit Lekeu hätte gehen können, wäre er nicht so früh verstorben. Doch wohin hätte es Ernest Chausson gebracht, wäre das Fahrrad nicht erfunden worden?

Helge Rehders

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