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Kultur: Eulen nach Berlin

Was Etiketten können, hat man in Berlin gelernt. Da werden Baugruben zur Schaustelle umgewidmet, Warteschlangen verwandeln sich mit dem Label MoMA zum Event.

Was Etiketten können, hat man in Berlin gelernt. Da werden Baugruben zur Schaustelle umgewidmet, Warteschlangen verwandeln sich mit dem Label MoMA zum Event. Jetzt kommt unter MoMA eine Filmreihe des Museums of Modern Art New York in die Stadt, die mit ihrem Titel „Rebels with a Cause“ weltläufige Aufmüpfigkeit verspricht. Die Illusion währt nur kurz: Schon der Blick in den Untertitel „The Cinema of East Germany“ zeigt, dass hier nicht nur irgendwelche Eulen nach Athen getragen werden, sondern genau die Vögel zurückgebracht, die vorher als deutsches Kulturgut gen Westen getragen wurden.

Die Filme stammen sämtlich aus dem Programm des Progress-Filmverleihs, der nach der Wende die Rechte fast aller Defa-Filme übernommen hatte und sie auch regelmäßig unter die Leute bringt. Dass die „bislang umfassendste DefaSchau in Übersee“ neben New York und Chicago auch nach Karlsruhe und Nürnberg reist, ist löblich. Für das Heimspiel in Berlin aber hätte es sich zumindest angeboten, mit den Filmen auch den fremdelnden Blick von außen zurückzubringen. Stattdessen treten wieder die üblichen Verdächtigen zum Gespräch an. Sehenswert sind die Filme selbstverständlich trotzdem. In der Urania ist am Mittwoch Frank Beyer mit seiner Komödie Karbid und Sauerampfer (1963) zum Thema „Blick zurück ohne Zorn – Nachkriegsjahre“ zu Gast. Und im Babylon-Mitte wird heute Abend mit Gerhard Kleins Der Fall Gleiwitz (1961, Buch Wolfgang Kohlhaase und Günther Rücker) der dort angesiedelte Teil der Reihe eröffnet.

Offiziell heißt das ehemals altmodische Filmkunsthaus jetzt „babylon berlin:mitte“, worüber man sich stundenlang einen Kopf machen könnte. Aber gehen wir lieber zur Eröffnung der „balkan black box“ am gleichen Ort, die am Mittwoch urdeutsches Kulturgut einmal so ungewöhnlich kontextualisiert, wie man es auch den Defa-Filmen wünschen würde. Robert Wienes Das Kabinett des Dr. Caligari wird hier einmal nicht von Piano oder Stummfilmgebratsche begleitet, sondern von der „Avantgarde-Elektrorocker“-Band „Neocekivana Sila“ aus Belgrad. Eine Erinnerung daran, dass Wienes Film zur Zeit seiner Entstehung das provokante Werk eines jungen Wilden war. Der Name der Band bedeutet übersetzt: die unerwartete Kraft, die unverhofft auftaucht und die Sache regelt.

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