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Kultur: Eulenspiegel

Péter Esterházy erhält den Friedenspreis 2004

Von Gregor Dotzauer

Mögliche Beschreibungen für ihn wären: Charmekünstler. Wortquertreiber. Zitatenwiederkäuer. Ironiearistokrat. Subversionsartist. Oder, nur einmal zum Ausprobieren: Ungar. Mögliche Sätze wären: Die Heiterkeit ist seine größte Waffe. Die deutsche Sprache ist seine geringste Schwäche. Die Lesbarkeit seiner Romane ist seine unwahrscheinlichste Leistung. Ganz und gar unmöglich aber ist es, Péter Esterházy Formulierungen zu widmen, die ihn, den Moralflüchtling, auf der Stelle als Autoritätsperson verhaften. „Sein Mut zum offenen Bekenntnis und zur poetisch-heiteren Beschreibung der Tragödie setzt der europäischen Depression einen Kontrapunkt“, heißt es in der Jurybegründung zum Friedenspreis des Deutschen Buchhandels, den Esterházy am 10. Oktober in der Frankfurter Paulskirche erhalten soll. Aber gut: Man will eben jemanden haben, der eine richtungsweisende Rede hält, auch wenn Esterházy garantiert wieder tausend Haken schlägt und Pirouetten dreht. Das nimmt ihm nichts von seiner spöttischen Verachtung für jede Form des intellektuellen und politischen Dogmatismus, also der Dummheit, wohl aber von der Entschlossenheit, den Gegner direkt auf die Hörner zu nehmen.

Ein schönes Zeugnis dieser Haltung ist der Band „Eine Geschichte. Zwei Geschichten“, in der Esterházy und sein ungarischer Freund, der Nobelpreisträger Imre Kertész, dieselbe Anekdote denkbar unterschiedlich ausgestalten. Zuvor jedoch, um etwas von der literarischen Größe dieses inzwischen 53-jährigen Budapester Schriftstellers zu begreifen, lohnt sich ein Blick in seine Romane: etwa die „Kleine ungarische Pornographie“, ein Brevier realsozialistischer Sauereien, den Handke-Remix „Die Hilfsverben des Herzens“ oder die „Harmonia Caelestis“, die Geschichte von Esterházys Familie. Sie ist sein Opus Magnum – und machte doch mit der „Verbesserten Ausgabe“ einen Nachtrag nötig: Esterházy entdeckte, dass sein Vater Mátyás über 20 Jahre lang als Stasi-Spitzel gearbeitet hatte.

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