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Zur Eröffnung läuft „Carçasa“ von Marco da Silva Ferreira.

© José Caldeira

Festival Tanz im August: Natur und Nachhaltigkeit im Fokus

Der neue künstlerische Leiter Ricardo Carmona hat sein Programm vorgestellt. Zuvor war der Portugiese Tanzkurator am Berliner HAU.

Von Sandra Luzina

Neuer Schwung für den Tanz im August: Das Festival findet in diesem Jahr erstmals unter der künstlerischen Leitung von Ricardo Carmona statt, der in Berliner Tanzszene bereits bestens bekannt ist. Von 2012 bis 2022 war der Portugiese Kurator für Tanz und Performance im HAU Hebbel am Ufer. Ricardo Carmona will dem größten deutschen Tanzfestival neue Impulse verleihen – das wurde deutlich, als er am Montagabend das Programm des Festivals vorstellte. „Tanz und Ökologie vernetzen“ – das ist ein thematischer Schwerpunkt und zugleich eine Maxime des Handelns.

Berliner Choreograf:innen wurden in einem Open Call aufgerufen, Projekte zum Thema Natur und Nachhaltigkeit zu entwickeln. Aus 222 Bewerbungen wurden 22 Projekte von einer Jury ausgewählt. Sie werden in drei Parcours in Berliner Parks zu erleben sein. Bei dieser thematischen Setzung ist es nur konsequent, dass die Festivalleitung sowie das HAU als Veranstalter sich der Nachhaltigkeit verpflichtet sehen. Viele der Künstler:innen reisen diesmal mit dem Zug an, berichtet Carmona – auch er hat so oft es ging aufs Fliegen verzichtet.

Ricardo Carmona spricht an diesem Abend viel von Wechselbeziehungen und gegenseitigen Abhängigkeiten in Natur und Gesellschaft. Die eingeladenen Choreograf:innen reagierten auf die multiplen Krisen unserer Zeit, indem sie sichtbar machen, wie sehr wir Menschen aufeinander und auf unsere Umwelt angewiesen sind. Viele der Künstler:innen nutzten den Körper als Ausgangspunkt für Formen des Storytellings, dabei gehe es auch darum, die alten Geschichten umzudeuten und einen neuen Blick auf die Kolonialgeschichte zu werfen.

Vom 9. bis zum 26. August präsentiert das Festival 19 Produktionen an 11 Veranstaltungsorten. Es wolle eine neue Generation von Choreograf:innen auf einer großen Bühne präsentieren, so Carmona. In Zusammenarbeit mit den Berliner Festspielen zeigt der Tanz im August als Deutschlandpremiere „The Romeo“ von Trajal Harrell und dem Schauspielhaus Zürich Dance Ensemble. Um den US-amerikanischen Choreografen reißen sich derzeit die großen Festivals. Das Ballet national de Marseille wird seit 2019 von dem dreiköpfigen Kollektiv (La) Horde geleitet und sorgt seitdem für Furore.

Die neue Arbeit „Age of Content“ verbindet unterschiedliche Genres von Actionfilmen bis zu Musicals. Die unerschrockenen Tänzer:innen erproben Tanzstile, die bereits viral gingen, und wagen auch einige Stunts. Eröffnet wird das Festival am 9.8. mit „Carcaça“ von Marco da Silva Ferreira. Das zehnköpfige Ensemble kombiniert auf hinreißende Weise zeitgenössischen Street Dance mit portugiesischen Folkloretänzen.

Ricardo Carmona hat als Kurator schon immer außereuropäische Künstler:innen in den Blick gerückt. So überrascht es nicht, dass er beim „Tanz im August“ den Fokus auf afrikanische Choreograf:inen legt. Serge Aimé Coulibaly und das Faso Danse Théâtre aus Burkina Faso fordern in dem Stück „C la vie“, sich nach den Einschränkungen der letzten drei Jahre wieder den Freuden des Lebens zu widmen. Dorothée Munyaneza beschwört in „Toi, moi Tituba“ die karibische Figur der Tituba herauf, die im 17. Jahrhundert als Hexe verfolgt wurde. Prophétique“ von Nadia Beugré basiert auf Recherchen zur Transgender-Cummunity in Abidjan.

Viele ihrer Mitglieder verdienen ihren Lebensunterhalt als Friseur:innen; nachts zelebrieren sie dann ihre Identität als Tanzdive Weitere Highlights sind „Exit above after the tempest“ von Anne Teresa de Keersmaeker, „MAL – Embriaguez Divina“ von Marlene Monteiro Freitas und „Strong-born“ von Kat Válastur. Ricardo Carmona stellt sich das Festival gern als einen Wald vor – mit dem vielfältigen Programm lädt er dazu ein, neue Wege jenseits ausgelatschter Pfade zu erkunden.

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