zum Hauptinhalt
Dorfpriester Lavelle (Brendan Gleeson) nimmt die Beichte schon mal fernmündlich ab.

© Ascot Elite

Film „Am Sonntag bist du tot“: Schäfchen im Wolfspelz

Ein Dorfpriester soll für das Trauma eines Mannes büßen. Regisseur John Michael McDonagh erzählt in seiner Krimikomödie „Am Sonntag bist du tot“ die Chronik eines angekündigten Mordes.

Die Bedrohung ist bärtig. Mehr hat der irische Dorfpriester James Lavelle, gespielt von Brendan Gleeson – im Film ebenfalls bärtig, genauer: mit weißem Vollbart – nicht erkennen können durch das Gitter seines Beichtstuhls. Nur, dass der Mann, der ihn da unvermittelt mit dem Tod bedroht, einen Bart trägt. „Ich werde Sie töten“, hatte die Männerstimme geknurrt. „Gerade weil Sie unschuldig sind. Sagen wir: Sonntag in einer Woche, unten am Strand.“

Seit seinem siebenten Lebensjahr sei er immer wieder von einem Priester vergewaltigt worden, erzählte das erwachsen gewordene Beichtkind weiter, das man sich als seltsames, seelisch schwer angeschlagenes Schäflein der kleinen Kirchengemeinde vorzustellen hat. Büßen soll dafür niemand anderer als Lavelle: Mit dem Verbrechen hat er zwar nichts zu tun, aber als Repräsentant der katholischen Kirche ist er, so die Logik des selbst ernannten Attentäters, sozusagen stellvertretend haftbar. Irgendwie so stellvertretend jedenfalls, wie sich Jesus einst auf dem Kalvarienberg für die Sünden der Welt kreuzigen ließ.

„Calvary“, so heißt der Film „Am Sonntag bist du tot“ des britischen Regisseurs John Michael McDonagh im Original. Die Konstellation der Kriminalkomödie als Chronik eines angekündigten Mordes erinnert an einen Agatha-Christie-Krimi. Es gibt in dem landschaftlich schroffen, aber reizvollen irischen Küstenort eine überschaubare Anzahl von männlichen Einwohnern, und tatsächlich könnten alle der kommende Täter sein. Lavelle begibt sich hilfesuchend zu seinem Bischof, doch der entscheidungsschwache Oberhirte entgegnet auf die Frage „Soll ich zur Polizei gehen?“ bloß: „Das müssen Sie entscheiden.“ Der Priester – Gleeson stellt ihn als energischen Kraftprotz dar – entschließt sich, das Beichtgeheimnis zu wahren und auf eigene Faust zu ermitteln.

Die Bürger der Gemeinde scheinen durchweg einem Kuriositätenkabinett entsprungen zu sein. Lavelle hakt die Besuche bei ihnen, während der Countdown zu seiner Hinrichtung langsam abläuft, einen nach dem anderen ab. Ein schnöseliger Besitzer eines Herrenhauses erleichtert sich vor seinen Augen auf ein Altmeistergemälde. Ein Automechaniker, dessen Geliebte mit einem blauen Auge herumläuft, versichert: „Irische Frauen wollen manchmal geschlagen werden.“ Und ein greiser Schriftsteller, offenbar unheilbar an Lebensüberdruss leidend, bittet um eine Schusswaffe. Die Pistole, die der Priester schließlich bei einem befreundeten Polizisten auftreibt, ist ein antikes Stück, das schon beim „Bloody Sunday“ zum Einsatz kam, genauer: „dem ersten von 1919“. Erschwert werden Lavelles Nachforschungen zu allem Überfluss dadurch, dass plötzlich seine Tochter Fiona (Kelly Reilly) auftaucht. Der Geistliche hatte also ein Leben vor dem Priesterseminar, er war sogar verheiratet. Die derangierte Tochter wiederum hat gerade einen Selbstmordversuch hinter sich. Grund: „Ein Mann, was sonst?!“

Trotz seiner zumindest inspirierenden Prämisse dümpelt der Film bald verblüffend vor sich hin, driftet sogar mehr und mehr in Richtung Komödienstadl. Die Bedrohung rückt in den Hintergrund, an ihre Stelle treten platte Gags und Sinnsprüche des gerne philosophierenden Priesters. Im Vorgängerfilm „The Guard – Ein Ire sieht schwarz“ hatte John Michael McDonagh die Mischung aus schwarzem Humor und Suspense deutlich besser hinbekommen. Da hatte Brendan Gleeson einen Dorfpolizisten gegeben, der es mit einem FBI-Agenten und dem organisierten Verbrechen zu tun bekommt. „Am Sonntag bist du tot“ aber laviert bald nur mehr richtungslos herum. Ach ja, der Showdown findet tatsächlich statt, nach acht Tagen, unten am Strand.

Ab Donnerstag im Kino.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false