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Max Westhoff (Lars Eidinger) und seine Begleiterin Jenny (Jördis Triebel) in "Familienbande".

© Julia von Vietinghoff

Film "Familienfest": Ein Patriarch bittet zur Party

Tolle Schauspieler, ein bombensicheres Thema, aber keine Pointe will zünden: die Tragikomödie „Familienfest“ von Lars Kraume.

Dass Künstler keine besseren Menschen sind, sondern stinkstiefelige Haustyrannen sein können wie der in die Jahre gekommene weltberühmte Pianist Hannes Westhoff – geschenkt. Dass die Söhne von solchen Patriarchen meist nicht so sind, wie die Patriarchen es sich wünschen und ihre Ehefrauen harmoniesüchtig sind – nur logisch. Und dass ein Familienfest wie das zum 70. des Pianisten in den blanken Horror ausarten kann – ein Klassiker, so alt wie die Erfindung der Geburtstagstorte. Auch dass die geschiedene, trotzdem eingeladene Ex des Jubilars in all dem Halligalli schon morgens zur Flasche greift, kommt einem irgendwie bekannt vor.

Nichts gegen den zigsten Familienfeste-und-andere-Katastrophen-Streifen: Seit Thomas Vinterbergs „Das Fest“ gilt zwischen Missbrauchs-Drama und Feel-good-Burleske ohnehin die Devise „anything goes“. Meistens geht es damit los, dass sich die liebe Verwandtschaft von überallher auf den Weg macht. Zum „Familienfest“ in der Großbürgervilla reisen an: Max, der sterbenskranke älteste Journalisten-Sohn (Lars Eidinger), von dem aber keiner weiß, wie sterbenskrank er ist, weshalb er kurzerhand die Krankenschwester (Jördis Triebel) vom Notaufnahme-Zwischenstopp als „Freundin“ zur Party mitnimmt. Außerdem Gregor, der Versager-Sohn (Marc Hosemann), der zwecks heillos verschuldeter Firma mal wieder dringend Geld braucht, schließlich Frederik, der Jüngste (Barnaby Metschurat), schwul, mit Partner, Kinderwunsch und einem Heidenbammel vor dem Alten.

Regisseur Lars Kraume hat gerade erst das Fünfziger-Jahre-Sittengemälde „Der Staat gegen Fritz Bauer“ ins Kino gebracht. Und nun das: Ein Film mit bombensicherem Dramödien-Sujet und mit einem Cast vom Feinsten (Hannelore Elsner gibt die kapriziöse Ex, Michaela May und Günther Maria Halmer das Ehepaar), aber keine Pointe will zünden. Keine großen Schauspieler-Auftritte, keine überraschende Wendung, kein Kinobild, zu dem sich das Chaos verdichtet. Nur die langsame Verfertigung der Genrekonvention mit erwartungsgemäßer Versöhnung am Totenbett, lahmendem running gag (Westhoff zu jedem Ankömmling, mit Verweis auf seine Gattin: „Sie wird dich fragen, ob du zu Weihnachten kommst“) und reichlich Anachronismen.

Etwa die Szene, in der Herr Papa seinen Jüngsten mit homophoben Sprüchen demütigt. Hey, der Mann ist Künstler! Die halbe Kulturszene ist bekanntlich schwul, bi oder sonstwie nicht hetero, selbst das großbürgerlichste deutschen Milieu würde höchstens mit Belustigung reagieren. Aber nein, hier sind alle ganz im Ernst peinlich berührt.

Ach, es ist immer wieder zum Verzweifeln mit dem deutschen Publikumskino.

Cinema Paris, Filmtheater am Friedrichshain, Yorck

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