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Lernen mit Siddharta in der ungarischen Roma-Siedlung.

© S. Ludwig/Filmdelights

Filmdokumentation „Der zornige Buddha“: Lernen mit Siddharta

Eine buddhistische Oberschule in Ungarn versucht, junge Roma aus ihrer Armut zu befreien. Die Filmdokumentation „Der zornige Buddha“ gewährt Einblick in den ungewöhnlichen Schulalltag.

Über den Türen zu den Klassenzimmern steht in handgeschriebenen Lettern „Chicago“, „New York“ oder „Bombay“. Auch drinnen gibt man sich weltbürgerlich und deklamiert auf Anweisung eines angereisten britischen Pädagogen händchenhaltend „I do believe that all human beings are equal“. Das Kichern dazu gibt es gratis. Denn jenseits des lichten Schulgebäudes sind die hier lernenden Jugendlichen alles andere als gleichberechtigt.

Wir befinden uns im nordostungarischen Sajókaza, wo einige tausend Roma in ärmlichsten Verhältnissen ums Überleben kämpfen. Das Besondere: Es gibt für sie seit zehn Jahren eine Oberschule. Und diese hat ausgerechnet einen buddhistischen Hintergrund. Denn die Gründer János Orsós – selbst ein Rom – und Tibor Derdák berufen sich konzeptuell auf den Sozialreformer Bhimrao Ramji Ambedkar, der in Indien seit den 1930er Jahren wirkungsvoll für die Rechte der deklassierten Dalit kämpfte und mit seiner öffentlichen Konversion vom Hinduismus zum Buddhismus 1956 auf Eigenverantwortung gegen Hierarchie und Kastenwesen setzte.

Die ungarischen Pädagogen sahen die sozialen Parallelen zwischen den verarmten indischen Parias und den ungarischen Zigeunern. Und sie adaptierten Ambedkars Konzept. Wichtigste Aufgabe der Schule, sagt Orsós, sei es zunächst, den Jugendlichen überhaupt die Möglichkeit eines anderen Lebens zu zeigen. Schließlich lebten die meisten zu Hause extrem beengt und reduziert. Deshalb reist man mit den Schülern auch zu österreichischen Projektpartnern.

Einfach ist das alles nicht. Denn außer der Armut steht Lernen und Selbstdisziplin auch eine Tradition jahrzehntelanger Passivität gegenüber. Engagierte Lehrer sind Mangelware. Und die nationalistische Rechte in Ungarn macht heftig Stimmung gegen die Roma-Bildungsbewegung, hinter der sie eine jüdisch-buddhistische Weltverschwörung vermutet.

Ein genauer und subtiler Film

Der Filmemacher Stefan Ludwig hat viel Zeit und Leidenschaft investiert, um das Vertrauen nicht nur der Lehrer in Sajókaza zu erringen. Und er schafft mit „Der zornige Buddha“ einen erfreulich genauen, subtilen Film zu einem auf den ersten Blick lautschreierisch klingenden Thema. Dennoch sind leichte Fehler in der Untertitelung zu beklagen: Denn die deutschen Begriffe Gymnasium und Abitur beinhalten doch etwas mehr als die Art sekundärschulischer Grundbildung, die in Sajókaza praktiziert wird.

Kleiner als erhofft auch der Effekt: Monica, die zu Beginn noch von einer Karriere als Rechtsanwältin träumt, findet nach ihrem Schulabschluss nur Jobangebote im Call-Center oder als Tagesmutter. Im Abspann erfährt man, dass sie doch noch eine Stelle als Sozialarbeiterin bekommen hat.

Kino Krokodil, Greifenhagener Str. 32, Prenzlauer Berg, ab Montag 17. Oktober

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