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Kultur: Fliegende Melodien an der Havel

Brandenburg: Eröffnung der Sommerkonzerte mit dem DSO

Naturstimmen erwachen: Aber nicht Gustav Mahler „ging heut morgen übers Feld“, wie die Ankündigung erwarten ließ, sondern Johannes Brahms vertritt ihn im Eröffnungskonzert der Brandenburgischen Sommerkonzerte, mit frischer Schwärmerei vom Wörther See, „da fliegen die Melodien“. Eigentlich sollte man denken, dass der Schwierigkeitsgrad der Ersten von Mahler seit längerem bekannt ist; dennoch musste sie kurzfristig gegen die Zweite von Brahms ausgetauscht werden, aus „technischen Gründen“.

Der Programmwechsel, eine kleine Enttäuschung, wird wettgemacht, weil alles andere so liebenswürdig wie gewohnt die „Klassiker auf Landpartie“ empfängt. In gotischem Gemäuer die Kaffeetafel, wo der Kuchen schnell verschluckt ist, die Stadtführungen zu Wasser und zu Fuß, die Sonderbeschilderung der Straßen für die Gäste, die zu zirka 70 Prozent des Publikums aus Berlin kommen. Überwiegend sind sie in Sonderbussen angelangt, die Werner Martin, der Initiator der Brandenburgischen Sommerkonzerte, dort am Fehrbelliner Platz mit persönlichen Worten auf die Reise geschickt hat.

„Im Grünen, im Grünen, da lebt es sich wonnig“, dem Schubertlied gemäß, zumal wenn der besondere Geschmack der Besucher im 13. Jahr der Sommerkonzerte eine Kulturschöpfung trägt, die sich ohne öffentliche Zuschüsse realisiert und zu alledem noch Benefizobjekte der Denkmalpflege im Visier behält. Ein Freundeskreis von über tausend Menschen: Werner Martin ist somit Kopf einer außerordentlichen künstlerischen Bürgerinitiative.

Manfred Stolpe schlüpft gern noch einmal in die altvertraute Rolle des Landesvaters, um Martin für seine Leistung zu danken:Vielleicht ließe sich eine Dissertation über das Thema verfassen? In der schönen Hallenkirche Sankt Katharina zu Brandenburg ist das Erinnern an die Anfänge des Berlin-brandenburgischen Projekts durch eine Komposition gegeben, die Siegfried Matthus 1989 begonnen und 1990 „O namenlose Freude“ benannt hat. In der sprudelnden, dicht verflochtenen Musik ist eine Unruhe, die den Zweifel einschließt. Daher ist die Frage des Komponisten, ob das mit dem Beethoven-Titel heute noch zu verantworten sei, mit Ja zu beantworten: Ein zeitfühliges Konzert für drei Trompeten, zwischen Virtuosität und Nachdenken, in Brandenburg von Joachim Pliquett, Raphael Mentzen und Heinz Radzischewski mit sensibler Intonation gespielt. Für den Konzertmeister Hans Maile enthält es ein wohlklingendes etüdenschweres Solo.

Yakov Kreizberg, früher Publikumsliebling als GMD der Komischen Oper, versteht sich sichtlich und hörbar gut mit dem Deutschen Symphonie-Orchester Berlin, das mit diesem Konzert den gewichtigen Sommerauftakt setzt. Obwohl der Klang in der Kirche gleichzeitig zu hallen und zu fliehen scheint, hält die sangliche Interpretation der Brahms-Symphonie den musikalischen Gestus immer erstaunlich präsent: Vom Dolce zum gemeißelten Fugato.

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