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Kultur: Flugaffäre: Wie im Fluge: Bei der Bundeswehr-Reform läuft Minister Scharping die Zeit davon

"Wenn es doch nur der Badeunfall wäre", stöhnt ein Regierungsmann. Rudolf Scharpings mallorquinische Eskapaden sind für den Kanzler und die ganze rot-grüne Koalition unerfreulich.

Von Robert Birnbaum

"Wenn es doch nur der Badeunfall wäre", stöhnt ein Regierungsmann. Rudolf Scharpings mallorquinische Eskapaden sind für den Kanzler und die ganze rot-grüne Koalition unerfreulich. Zur Zeit wird im Regierungslager freilich die Hoffnung verbreitet, die Sache könnte eine peinliche Episode bleiben. Nachhaltiger bedenklich stimmt manchen ein ganz anderer Aspekt im Wirken des Verteidigungsministers; ein Aspekt, der ab der nächsten Woche, wenn im Bundestag über den Bundeshaushalt geredet wird, wieder ins Zentrum der Debatte rücken könnte: die Zukunft der Bundeswehr-Reform.

Zum Thema Online-Umfrage: Sollen Minister umstrittene Flüge selbst bezahlen? Hintergrund: Fliegende Politiker in den Schlagzeilen Foto-Galerie: Rudolf Scharping in Bildern Die dürren Finanzdaten sind bekannt. Eigentlich brauchte Scharping für seine Wehrreform pro Jahr etwa zwei Milliarden Mark mehr als er derzeit sicher in der Tasche hat. Der Minister hat trotzdem immer die Gewissheit verbreitet, er werde schon mit den Mitteln hinkommen, die ihm Finanzminister Hans Eichel zugestanden hat. Der Grund für diesen Optimismus hat einen Namen: "Gesellschaft für Entwicklung, Beschaffung und Betrieb" - kurz GEBB. Unter Leitung der früheren Berliner Finanzsenatorin Anette Fugmann-Heesing soll die privatrechtlichte Gesellschaft mit begrenzter Haftung die oft umständliche und kostspielige Verwaltung der Armee privatisieren und modernisieren.

Milliarden, so hat sich Scharping von dem auch vom Kanzler geschätzten Unternehmensberater Roland Berger bescheinigen lassen, ließen sich dadurch einsparen, dass künftig Private für die Armee die Flotte der normalen Pkw und Lkw oder die Kleiderkammern verwalten. Vom Verkauf von Grundstücken verspricht sich Scharping zusätzliche Einnahmen. Bei Eichel hat er durchgesetzt, dass sein Etat den Löwenanteil an solchen Verkaufs- und Rationalisierungserlösen behalten darf. Das Problem ist nur: Die Milliarden stehen bis heute auf dem Papier. Das ist auch nicht verwunderlich. Denn die Generalüberholung kann überhaupt nur mittel- bis langfristig angelegt sein. Dies beißt sich aber mit der Notwendigkeit, die Reform heute schon finanziell anzuschieben. Die GEBB soll darum erst einmal durch schlichte Immobilienverkäufe, aber auch durch Vorfinanzierungen und andere Methoden der Geldbeschaffung das Loch stopfen. Das Wenige, was von der Arbeit der Gesellschaft nach draußen dringt, rechtfertigt keinen überschwänglichen Optimismus. Im Regierungslager bis hinauf ins Kanzleramt geht darum zunehmend die Sorge um, dass sich der Minister schlicht verkalkuliert hat. Und sei es in der Zeitplanung: Scharping, sagt ein Skeptiker in der Regierung, habe selbst den Eindruck erweckt, es werde bald alles besser. Jetzt laufe ihm die Zeit davon. Die anfängliche Euphorie in der Truppe drohe in Enttäuschung umzuschlagen. Das aber ist so ziemlich das Letzte, was Schröder im Wahljahr brauchen kann.

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