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Kultur: Frau unserer Träume

Rundherum Sonnenschein: Marika Rökk wird heute 90

„Ich empfange niemanden!“ Die Stimme am Telefon klingt etwas raufaserig und sehr energisch. Bevor der Anrufer reagieren kann, ist das Gespräch schon grußlos beendet. Marika Rökk möchte in Ruhe gelassen werden: keine Besuche, keine Interviews, nicht schon wieder diese Fragen. Ihren 90. Geburtstag feiert die Tänzerin, Schauspielerin und Sängerin zurückgezogen in ihrem Haus in der Nähe von Wien. Nur die Freundinnen vom „Ersten Internationalen Marika-Rökk-Fanclub“, der auch schon 50 Jahre alt ist, werden vorgelassen. Disziplin ist die Primärtugend der Rökk. Dazu gehört, sich der Öffentlichkeit ausschließlich in Topform zu präsentieren. Eisern war das Lächeln, das sie aufsetzte, wenn sie in den Revuefilmen der Dreißiger- und Vierzigerjahre die tollsten Pirouetten drehte, eisern hat sie immer weitergelächelt. Mit 79 Jahren kehrte sie als „Gräfin Mariza“ zum ersten Mal seit dem Krieg in ihre alte Heimat nach Budapest zurück, den letzten Fernsehauftritt absolvierte sie – natürlich tanzend – 1998. „Ich kann wirklich dankbar sein. Ich habe keine hängenden Falten, ich habe zwei gute Beine, die flott gehen, ich könnte sogar noch zunehmen“, sagte sie der „Zeit“ zur Jahrhundertwende in einem Interview. „Ich habe dafür Sorge getragen, dass ich rund herum Sonne habe.“

Geboren wurde Marika Rökk als Tochter eines ungarischen Architekten in Kairo, als Zwölfjährige trat sie im Pariser „Moulin Rouge“ auf, bald danach war sie am New Yorker Broadway, ihre ersten beiden Filme drehte sie in London. Aber zum Großstar stieg sie erst in Deutschland auf, wo sie 1934 einen Vertrag bei der Ufa bekam. Das Kino des Dritten Reichs hatte ein Faible für Exotinnen wie Zarah Leander, Lida Baarova oder Olga Tschechowa, doch das Temperament der Rökk war einzigartig. „Ja, die Frauen sind gefährlich / Denn sie stehlen dir das Herz / Doch sie tun’s nicht nur aus Leidenschaft / Sie tun’s auch oft aus Scherz“, sang sie 1937 in „Gasparone“. Dabei hatte sie nichts Männermordendes an sich, ihre Erotik behielt stets Bodenhaftung. Die Rolle der femme fatale passte nicht zu ihr, burschikos tanzte Rökk über alle Abgründe hinweg.

Ihre Filme hießen „Hallo, Janine“, „Es war eine rauschende Ballnacht“ oder „Frauen sind doch bessere Diplomaten“, oft wurden sie von ihrem Ehemann Georg Jacoby inszeniert. Marika Rökk, die das Ballkleid über ihren Oberschenkeln lüpft, und Johannes Heesters mit Frack und Zylinder: ein deutsches Traumpaar des Zweiten Weltkriegs. Die besten Rökk-Filme – „Die Frau meiner Träume“, „Kora Terry“ – können es an Pracht und Pomp durchaus mit den großen Hollywoodmusicals aufnehmen. Nach dem Krieg versuchte sie mit Filmen wie „Fregola“, „Sensation in San Remo“ und „Maske in Blau“ an das alte Erfolgsrezept anzuknüpfen, bevor sie sich den Showtreppen des Fernsehens zuwandte. Da befand sich das Genre längst im Abstieg, die Revuefilme der Ära Adenauer mit ihrer Schrumpfausstattung waren nur noch laue Aufgüsse.

Über ihr Leben sagt Marika Rökk: „Es hätte nicht schöner sein können. Es war wunderschön. Wenn etwas nicht so schön war, ist es schnell vorbeigegangen. Und ich habe immer gesagt, Herrgott, ich danke dir.“ Wir gratulieren zum Geburtstag und wünschen der Jubilarin noch viele weitere schöne Jahre.

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