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Kultur: Friedensplan für Nahost: Die Hände zum Frieden

Das israelisch-palästinensische Abkommen, beruhend auf dem Kompromissvorschlag von US-Präsident Bill Clinton, soll durch die UNO ratifiziert und garantiert werden. Es würde, falls von beiden Seiten akzeptiert, die historischen Sicherheitsrats-Resolutionen 242 und 338 ersetzen, welche die Basis für den gesamten Friedensprozess bildeten.

Das israelisch-palästinensische Abkommen, beruhend auf dem Kompromissvorschlag von US-Präsident Bill Clinton, soll durch die UNO ratifiziert und garantiert werden. Es würde, falls von beiden Seiten akzeptiert, die historischen Sicherheitsrats-Resolutionen 242 und 338 ersetzen, welche die Basis für den gesamten Friedensprozess bildeten. Falls, wonach es bis zum Mittwochabend noch nicht aussah, Israelis und Palästinenser dem Kompromissvorschlag des US-Präsidenten Bill Clinton grundsätzlich zustimmen und auf dessen Basis ein Abkommen schließen, soll dieses dem UN-Sicherheitsrat vorgelegt werden. Danach würden UN-Truppen vor Ort die Umsetzung des Abkommens überwachen. Diesen Vorschlag machte Clinton, laut höchsten palästinensischen Quellen, gegenüber den beiden nahöstlichen Konfliktparteien.

Ersatz für UN-Resolutionen

Während die Kanzlei des israelischen Ministerpräsidenten weder den Vorschlag bestätigen noch kommentieren wollte, erklärten höchste Stellen in Jerusalem, dass die UN mittels ihrer Bestätigung und Absicherung des Abkommens auch die Sicherheitsrats-Resolutionen 242 und 338 als erfüllt erklären und durch das Abkommen ersetzen würde. Die beiden Resolutionen waren nach dem Sechstagekrieg 1967 verabschiedet worden und enthielten die Forderungen nach einem israelischen Rückzug aus den eroberten Gebieten gemäß dem Grundsatz "Gebiete für Frieden" sowie für eine "gerechte Lösung" des palästinensischen Flüchtlingsproblems. Die Resolutionen dienten später sowohl als Basis für den Friedensprozess gemäß Osloer Abkommen als auch den Palästinensern für ihre Rückzugsforderungen gegenüber den Israelis.

Der Trick

Clinton visiert mit seinem Vorschlag gleich mehrere Ziele an. Die so erreichte internationale Absicherung würde den fatalen Eindruck einer "Pax americana" vermeiden, der arabischen Welt ermöglichen, auch ohne israelisch-syrischen Frieden sich gegenüber Israel endgültig zu öffnen - und sie würde wohl auch den möglichen israelischen Wahlsieger Ariel Scharon austricksen. Dieser hat zwar erneut erklärt, er würde ein solches Abkommen ignorieren, doch wenn dieses den UN-Stempel trägt, kann er dies kaum tun, ohne heftige Sanktionen der UN zu riskieren.

Der Plan

Erstmals sind nun auch offiziell Clintons Kompromissvorschläge veröffentlicht worden und zwar durch das offizielle Organ der "Palästinensischen Nationalen Autorität" Arafats, "El Hayam". Bisher waren nur durch die israelischen Medien Indiskretionen bekannt geworden, die aber so weit voneinander abwichen, dass zum Beispiel die Tel Aviver Zeitungen Landkarten über die geplanten israelischen Siedlungsblöcke veröffentlichten, die kaum Gemeinsamkeiten aufwiesen. Während hohe palästinensische Stellen die Vorschläge so bewerteten: "Sie geben Israel viele Vorteile und den Palästinensern vernebelte Versprechungen", erklärte Baraks Kanzlei zur Veröffentlichung, sie beruhe auf "ungenauen Annahmen".

Die Siedlungsräumungen

"El Hayam" stellt selbst fest, dass Clintons Vorschläge sich grundsätzlich nicht oder fast nicht von den Einigungen unterscheiden, die in Camp David zwischen Barak und Arafat erzielt, aber nicht schriftlich niedergelegt oder zu einem Abkommen zusammengefasst worden sind. Clintons Plan sieht die Räumung von 60 bis 70 israelischen Siedlungen, darunter alle im Gazastreifen, vor, beziehungsweise deren Überführung in die bei Israel verbleibenden Siedlungsblöcke. Deren Umfang beträgt fünf Prozent des Westjordanlandes, die damit von Israel annektiert würden. Sie werden hauptsächlich aus der relativ dicht besiedelten Region um die Großsiedlung Ariel in Samaria, dem nördlichen Westbank-Teil, dem Gusch Etzion-Siedlungsblock südwestlich von Bethlehem und einem zehn Kilometer breiten Landstreifen östlich von Jerusalem in Richtung Totes Meer - in dem auch die größte Siedlung Maale Adumim liegt - gebildet.

Pacht und Abtausch

Drei Prozent des Westbank-Landes sollen von den Palästinensern für zwanzig Jahre an Israel verpachtet werden. Diese Gebiete enthalten "Problemzonen" wie das jüdische Viertel in Hebron und die neben der Patriarchenstadt liegende Großsiedlung Kiryat Arba. Schließlich soll ein weiteres Prozent, diesmal in Ostjerusalem, Israel zugeschlagen werden, nämlich die seit 1967 auf annektiertem Territorium errichteten jüdischen Außenviertel Jerusalems.

Die Palästinenser sollen laut Clintons Plan - gemäß "El Hayam", für diese Annektierungen mittels eines Landabtausches, allerdings nur in der Größenordnung von ein bis drei Prozent des Westjordanlandes, territorial entschädigt werden. Vorgesehen ist offensichtlich ein größeres Stück Wüstengebiet entlang der ägyptischen Grenze und im seitlichen Anschluss an den Gazastreifen.

Ein neuer Vorstoß

Israels Außenminister Schlomo Ben-Ami will eine eindeutig bessere Lösung beruhend auf einem Rundum-Landabtausch, vorschlagen, doch ist nicht sicher, ob Barak diesen Plan bereits Donnerstagnacht Mubarak und Arafat unterbreiten wollte. Ben-Ami will Kairo in das Abkommen einschließen, indem Ägypten im nördlichen Sinai Land an die Palästinenser abtritt und dafür mit Land entlang der um ein paar Dutzend Meter zu verschiebenden israelisch-ägyptischen Grenze entschädigt wird. Das von Ägypten an die Palästinenser abzutretende Gebiet würde eine natürliche Fortsetzung des Gazastreifens bilden und unter anderem eine Wiedervereinigung der geteilten palästinensischen Stadt Rafiah ermöglichen. Zudem sieht der Plan vor, dass die israelische Armee noch bis zu sechs Jahre über die Jordansenke einschließlich der großen Landstraßen dort und einer Verbindungsstraße nach Nordost-Jerusalem sowie über die Grenzübergänge zu Jordanien wacht.

Zweigeteilte Souveränität

Die arabischen Viertel Ostjerusalems werden laut Clinton-Plan dem künftigen Staat Palästina zugeschlagen, ebenso wie das moslemische, das christliche und zwei Drittel des armenischen Altstadt-Viertels. Israel soll das jüdische und ein Drittel des armenischen Viertels behalten, womit der freie Zugang zum ebenfalls bei Israel verbleibenden höchsten jüdischen Heiligtum, der Klagemauer, gewährleistet wäre. Für den Tempelberg - so hieß es aus mehreren Quellen - habe Clinton mehrere Alternativen vorgeschlagen, doch die wahrscheinlichste Lösung sieht die volle palästinensische Souveränität über die Moscheen und deren große Vorplätze vor, während Israel die Souveränität für den unter den Plätzen liegenden Teil, in dem die Überreste der biblischen Tempel vermutet werden, behalten soll.

Keine Rückkehr

Für das größte, unlösbar scheinende Problem, die Flüchtlingsfrage, schlägt Clinton als Lösung die freie Rückkehr ins künftige palästinensische Staatsgebiet oder aber Entschädigung für die an ihren Aufenthaltsorten verbleibenden Flüchtlinge vor. Damit verneint er das von den Palästinensern bisher ultimativ geforderte Rückkehrrecht, also die von Israel abgelehnte Heimkehr der 1948 aus dem heutigen Staatsgebiet Israels Geflüchteten und ihrer Nachkommen.

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