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Kultur: Ganz normal zu dritt

Im Kino: „You I Love“ – eine Moskauer Komödie

Trotz Gorbatschow und Glasnost: Klischees über die Russen blühen – und das neuere russische Kino tut dabei kräftig mit. Hier der grausame, schweigsame Patriarch, dort das zahnlose Muttchen oder das grotesk überschminkte Flittchen. Auch im Sozialen dominiert der Blick fürs Extrem: entweder Not und Kälte und Hunger – oder das Luxusleben in der Großstadt, das allerdings nur in Verbindung mit Kriminalität zu haben ist.

Daneben aber gibt es auch eine Normalität, über die man im Westen wenig erfährt. Wäre „You I Love“ eine westeuropäische Produktion, würde man sie schlicht eine nette Beziehungskomödie nennen. Für das russische Kino ist sie in verschiedener Hinsicht etwas Besonderes. So wird ihr Protagonist Timofei, obwohl junger Werbefachmann, nicht gleich als rücksichtsloser Kapitalist gezeichnet, sondern als charmanter, etwas schüchterner Zeitgenosse. Ebenso natürlich tritt die Fernsehmoderatorin Vera auf. Er liebt sie, sie liebt ihn, und als er sich in einen jungen Mann verliebt, liebt man sich eben zu dritt.

Sexuelle Konflikte sind kaum spürbar, eher soziale. Der Eindringling Uloomji, als Schafhirte aus der Mongolei gekommen, träumt von einer Karriere beim Zirkus. Seine Familie möchte ihn aus dem Sündenbabel Moskau befreien. Doch von Sünde keine Spur: Die ménage à trois wirkt trotz ein wenig nackter Haut eher asexuell. Solche zaghaften Plädoyers für Toleranz gab es bei uns vor 30 Jahren, mit Filmen wie „Cabaret“ oder Coline Serreaus „Warum nicht?“ Die Regisseure Dmitry Troitsky und Olga Stolpovskaya sind für russische Verhältnisse ein Wagnis eingegangen, indem sie das Thema Bisexualität behandeln; den Westeuropäer beeindruckt eher die Natürlichkeit der drei Hauptfiguren. Und die totale Abwesenheit von Klischees. Nicht mal Wodka wird getrunken.

In Berlin in den Kinos Krokodil und

Xenon (jeweils OmU)

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