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Sie können es einfach. Entertainerin Gayle Tufts und Pianist Rainer Bielfeldt in der Bar jeder Vernunft.

© Barbara Braun

Gayle Tufts & Rainer Bielfeldt in der Bar jeder Vernunft: Alte Lieder rosten nicht

18 Jahre lang sind sie nicht gemeinsam aufgetreten: Jetzt feiern die Entertainerin Gayle Tufts und der Pianist Rainer Bielfeldt eine Reunion in der Bar jeder Vernunft. Das weckt süße Erinnerungen.

Unverhofft kommt gar nicht so oft, wie uns das Sprichwort weismachen will. Bei Gayle Tufts und Rainer Bielfeldt hat es jetzt aber doch mal geklappt. Als das Tipi am Kanzleramt im vergangenen Sommer sein 20-jähriges Gründungsjubiläum feierte, trafen sich dort auch die Denglish-Entertainerin und der Pianist. Um die Jahrtausendwende hatten sie als Singer-Songwriter-Traumpaar das Publikum begeistert, acht gemeinsame Shows herausgebracht und drei Alben.

Sie waren ausdauernd durch die Provinz getingelt, das Programm der Bar jeder Vernunft schien ohne sie undenkbar. Nach zehn Jahren aber war die Luft raus, 2003 trennten sich ihre Wege – aber nur beruflich, wie Gayle Tufts am Mittwoch im Spiegelzelt betont. Wie in Deutschland üblich, blieben sie auch nach der „Scheidung“ Freunde, hielten Kontakt. Bis beim Tipi-Geburtstag dann sentimentale Stimmung aufkam.

The way we were: Entertainerin Gayle Tufts und Pianist Rainer Bielfeldt in den 1990er Jahren.
The way we were: Entertainerin Gayle Tufts und Pianist Rainer Bielfeldt in den 1990er Jahren.

© Friedrun Reinhold

Sollten sie jetzt, 18 Jahre später, nicht mal wieder einen Blick in ihr gemeinsames Songbook werfen? Immerhin haben sie fast 80 Lieder zusammen geschrieben, Gayle den Text, Rainer die Musik. Ein beachtliches Oeuvre, erwachsen aus der glücklichen Begegnung beim schwul-lesbischen Jugendtreffen 1995 in Bielfeldts Heimatstadt Hamburg, wo sie als „Quotenhetero“ auftreten durfte und einen jungen Mann am Klavier erlebte, der ihr als hanseatischer Elton John erschien.

Männer und ihre Kühlschränke

Aus dem Memento-Moment kristallisierte sich die Idee eines Revival-Abends heraus. Als einmaliges Weißt-du-noch-Event. Kommt gar nicht in Frage, hieß es in der Bar jeder Vernunft: Ihr müsst für mindestens drei Abende kommen! Und da stehen sie nun „an diesem regnerischen Abend auf einem Parkdeck in Wilmersdorf“, und sind so wunderbar wie früher. Sie redet viel, laut und schnell, er sitzt hinterm Flügel und lächelt sein entwaffnendes Lächeln.

Viele Freunde sitzen im Zelt-Rund, um diese „Unexpected Zugabe“ zu erleben, auch der Ex-Regierende Klaus Wowereit. Außerdem Thomas Hermanns, in dessen „Quatsch Comedy Club“ die beiden einst als Warmup-Duo die Stimmung im Publikum angeheizt haben, bevor die professionellen Witzemacher auftraten. Einen schön bissigen Standup-Monolog, den sie damals zum Besten gab, hat Gayle Tufts aus ihrem Archiv gefischt. Es geht darin um Männer und den Inhalt ihrer Kühlschränke – der mehr über die Besitzer verrät, als denen lieb sein kann.

Immer noch ein Entertainment-Traumpaar: Gayle Tufts und Rainer Bielfeldt.
Immer noch ein Entertainment-Traumpaar: Gayle Tufts und Rainer Bielfeldt.

© Barbara Braun

Das Heimweh nach Amerika hat die Wahlberlinerin lange geplagt, nach den wilden Singlejahren in New York. Bis sie ihren „Bremer“ traf, den Mann ihres Lebens seit 27 Jahren, dem sie, frisch verliebt, einen Liedtext schenkte, in dem sich „lange Leitung“ reimt auf „er braucht vier Stunden für die Zeitung“. Längst besitzt sie neben dem US- auch einen bundesrepublikanischen Pass, doch was hat sie sich gequält mit der deutschen Grammatik! Die Hymne „Konrad Duden must die“ kündet davon, aber auch das „Dicitionary of Delight“, in dem sie fragt: „Who put the fire in the Feierabend“?

Die alten Lieder funktionieren noch, manche tönen nostalgisch, andere wirken im neuen Kontext hellsichtig aktuell. Getragen von der Zuneigung des Publikums, steigern sich die Sängerin und der Pianist zur Höchstform. Aus der improvisierten „Session“ wird ein bewegendes Gemeinschaftserlebnis.

Man spürt, wie die Zeit vergeht, an solchen Abenden. Die Geschwister Pfister, Tim Fischer, Pigor und Eichhorn, Gayle und Rainer, die Stars aus den Kindertagen der Bar jeder Vernunft, sie alle sind immer noch da, und wir sind mit ihnen gealtert, vielleicht sogar gereift. Schöne Erinnerungen werden da aufgewirbelt, aus trüben Tiefen, aus hinteren Herzenswinkeln. Noch auf dem Nachhauseweg funkeln sie im Gedankennebel.    

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