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Kultur: Gedankenflug mit Bassgitarre

Die Villa Massimo und Armin Mueller-Stahl.

Eigentlich war das eine schöne Idee. Endlich würde ein Künstler und kein Politiker die Eröffnungsrede halten, wenn die letztjährigen Stipendiaten der römischen Villa Massimo für einen Abend im Berliner Martin-Gropius-Bau ihre Arbeiten zeigen. Und dann gleich Armin MuellerStahl. Seit 2007, als Joachim Blüher, der Direktor und große Netzwerker der Deutschen Akademie in Rom – so der offizielle Titel der Villa – die Idee zu solch emphatischem Kurzauftritt hatte, waren in die weite Halle des Gropius-Baus der Bundespräsident (damals Horst Köhler), die Kanzlerin, der Bundestagspräsident, der Kulturstaatsminister und zuletzt der Bundesfinanzminister geladen. Auch dieses passte. Denn die Stipendien in der von dem jüdischen Berliner Mäzen Eduard Arnhold vor 100 Jahren erbauten und dem deutschen Staat vermachten grandiosen Villa und ihren Ateliers gehören zum Wertvollsten und daher auch Teuersten, das Deutschland zur Förderung oder Ehrung einzelner Künstler zu bieten hat.

Und jetzt Armin Mueller-Stahl. Vor kurzem ist er 81 Jahre alt geworden: ein mit Preisen überhäufter Weltstar, für die Rolle des Vaters eines jüdischen Pianisten (in „Shine – Der Weg ins Licht“) auch für den Oscar nominiert, neben dem Schauspielerberuf noch Maler, Musiker, Buchautor. Früher und wohl demnächst wieder Ehrengast der Villa Massimo. Er lebt in Berlin, Los Angeles/ Pacific Palisades und bei Lübeck – also nicht nur im Film auf Thomas Manns Spuren. Nachdem Joachim Blüher die Römer und Griechen und Europas Kulturen des Südens aus aktuellem Anlass sehr nachdrücklich verteidigt hatte, sprach Mueller-Stahl: mit jenem sanften, maliziös spitzmündigen Lächeln, das ihn berühmt gemacht hat und mit dem er Dichterfürsten, Naziopfer, clowneske Emigranten oder Moskauer Mafiapaten auf hintersinnige Weise ins Schweben bringt.

Nur seine Massimo-Rede war verunglückt, sie verlor sich ins beinahe griesgrämig Anekdotische, bei dem unter anderem Ohrstöpsel und ein L.A-Konzert von Bob Dylan (den er nur laut findet) eine unsinnige Rolle spielten. Am Ende gar zitierte er zum Lob der Villa, in guter Absicht und offenbar ahnungslos, den einst glühenden Nazi-Lyriker Josef Weinheber. Dagegen bot im direkten Anschluss der witzig formulierte Dank des Dichters Jan Wagner als Sprecher der Stipendiaten eine Rom-Reise im poetischen Gedankenflug. Wie zum Ausgleich.

Überhaupt sollte der Abend nicht in allzu grübelnder Bedeutsamkeit enden. Sehr leichtgewichtig zeigte sich die Bildende Kunst, mit austauschbaren Videos vom römischen Verkehr oder einem idyllischen Tempel, und eine Großraumklanginstallation von Via Lewandowsky präsentierte sicht- und hörbar eine „lasziv sich an einem Betonsockel reibende“ elektronische Bassgitarre. Lutz Seilers Lesung eines Essays über „Fußball in Rom“ haben wir darüber leider verpasst. P.v.B.

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