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Manfred Deix

© dpa

Karikaturist Manfred Deix gestorben: Genie der Übertreibung

Mit seinen sorgfältig aquarellierten Zeichnungen legte sich Manfred Deix mit der katholischen Kirche und konservativen Politikern an. Sein Lieblingsopfer war Jörg Haider. Jetzt ist der österreichische Karikaturist gestorben

Hässlichkeit sah nie schöner aus als auf den Bildern von Manfred Deix. Die Menschen, die er zeichnete, erinnern in ihrer Wonneproppigkeit an ewige Säuglinge. Auf ihren birnenförmigen Körpern thronen etwas zu klein geratene Köpfe, die rosig leuchten. Und fast immer lachen sie, mit weit aufgerissenen Mündern viel Zahnfleisch präsentierend. Die Hölle, das zeigen diese Karikaturen, beginnt gleich in der Nachbarschaft. Deix war ein Genie der Übertreibung. Er selber sah sich eher als eine Art Chronist. „Ich zeige die Leute so, wie sie sind“, hat er gesagt. „Was ich mache, ist eine Art von Fotorealismus.“ Erschreckend an den Durchschnittsösterreichern, die Deix sorgfältig aquarellierte, ist vor allem eins: dass sie immer so verdammt gut gelaunt sind.

Im Gasthaus groß geworden

Manfred Deix kam 1949 in der niederösterreichischen Landeshauptstadt Sankt Pölten zur Welt. Bald darauf pachteten seine Eltern in einer Nachbargemeinde das Gasthaus „Zur blauen Weintraube“, wo der Sohn die Abgründe der Geselligkeit kennenlernte. Sein künstlerisches Talent wurde bereits auf der Grundschule bemerkt. Als er elf Jahre alt war, wurde Deix von seinem Religionslehrer beauftragt, einen Pfadfinderroman mit dem Titel „Unter der Sonne Afrikas“ zu illustrieren. Das Werk erschien in Fortsetzungen in einer Kirchenzeitung.
Aus der Höheren Graphischen Bundes-Lehr- und Versuchsanstalt in Wien, die er gemeinsam mit Gottfried Hellnwein und Bernhard Paul besuchte, flog Manfred Deix heraus, weil er zu viele Unterrichtsstunden geschwänzt hatte. Sein Studium an der Akademie der Bildenden Künste brach er nach 14 Semestern ab. Da war aus dem Kunststudenten bereits einer der produktivsten Karikaturisten seines Landes geworden. 1972 hatte er begonnen, für österreichische Magazine wie „Profil“ und „Trend“ zu arbeiten, es folgten Aufträge auch für deutsche Blätter wie „Stern“, „Spiegel“ und „Titanic“. „Ich hab’ nur getan, was ich tun musste. Ich bin ein Produkt meiner Talente“, lautete sein Credo.

Angeklagt wegen seiner Zeichnungen

Zeichnungen waren für Deix eine Waffe. „Ich war richtig scharf darauf, die Leute zu provozieren“, hat er bekannt. Er legte sich mit der katholischen Kirche und mit bigotten, zumeist konservativen Politikern an. Eines seiner Lieblingsopfer war der rechtspopulistische FPÖ-Vorsitzende Jörg Haider, den er mit Strapsen und als Jesus malte. Legendär ist das Blatt, auf dem der wegen seiner NS-Vergangenheit umstrittene Bundespräsident Kurt Waldheim auf einem Pferd reitet, das eine SA-Uniform trägt. „Du bist schuld, wenn I später amal Schwierigkeiten krieg, du saublödes Viech“, steht in der Sprechblase. Das Bild machte den Zeichner international bekannt.
Sechs Mal wurde Deix wegen seiner Zeichnungen verklagt, unter anderem wegen der „Herabwürdigung religiöser Lehren“. Seine Blätter, die Spott mit Akribie mischen, sind stilistisch unverkennbar.

So stieg der Satiriker zu seinem eigenen Markenzeichen auf. Die Bücher, die er herausbrachte, heißen „Deix in the City“, „Der dicke Deix“ oder „Für immer Deix“. Das Karikaturmuseum in Krems, 2001 eröffnet, zeigt seit 2001 in einer Dauerausstellung 250 Exponate von ihm. Zuletzt hatte die Radikalität etwas nachgelassen. „Ich bin nach wie vor für Schrecksekunden bereit“, sagte er 2009. „Aber ich habe nicht mehr diese Wildheit in mir, die Entschlossenheit, den Leuten mit dem Arsch ins Gesicht zu fahren“. Manfred Deix ist am Samstag nach langer, schwerer Krankheit gestorben. Er wurde 67 Jahre alt.

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