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In seiner Serie "Auf frischer Tat (CaughtRedHanded)" untersucht Fernando Brye die Systematik eines Naturkundemuseums.

© Tobias Hübel

Fernando Bryce beim Gallery Weekend: Gestern ist Gegenwart

Geschichte als Kontinuum von Unterdrückung und Revolte: Fernando Bryce beschwört in der Galerie Barbara Thumm den Kalten Krieg.

Die neuen Tuschezeichnungen von Fernando Bryce thematisieren den Kampf der Viet Minh gegen die Kolonialmacht Frankreich im Indochina-Krieg und die US-Invasion im Korea der 1950er Jahre. Bryce, 1965 in Lima geboren, hat sich mit seiner politischen Kunst längst einen Namen gemacht. Nach mehreren Jahren in Berlin kehrte er 2014 nach Peru zurück. Erst kürzlich war er in der Ausstellung „Parapolitik: Kulturelle Freiheit und Kalter Krieg“ im Haus der Kulturen der Welt vertreten.

In seinem aktuellen Zyklus zum Schauplatz Asien geht er methodisch einen neuen Weg. Kopierte er bislang komplette Zeitungstitel, ganze Cover von Magazinen und Seiten aus Dokumenten mit Tusche, kompiliert er nun Schlagzeilen und Bilder aus verschiedenen Quellen zur multiperspektivischen Synopse eines Konflikts. Bryce‘ Schwarz-Weiß-Ästhetik zeigt Verwandtschaft mit der sozialkritischen Kunst von Clement Moreau, knüpft aber auch an einen realistischen Comicstil an. Jede seiner Zeichnungen ruft die kulturelle und politische Atmosphäre des Kalten Krieges in Erinnerung, ist aber keinesfalls nur als visuelles Zitat zu begreifen. Bryce, der für seine Werke umfangreiche Recherchen betreibt und über ein großes Archiv verfügt, verbindet die Vergangenheit mit der unmittelbaren Gegenwart. So ist es kein Zufall, dass er in dem neuen Zyklus die Zeit des Korea-Krieges wiederaufleben lässt: US-Präsident Trump brach vor Kurzem mit einem Tabu und drohte offen mit dem Einsatz atomarer Waffen gegen Nordkorea.

Gegenwart als vollendete Vergangenheit

In seinem jüngsten Triptychon hat Bryce in einem Akt der Appropriation Art Picassos „Massaker in Korea“ von 1951 in bräunlichen Tönen nachgetuscht, das an ein Kriegsverbrechen der US-Armee in Sinchon erinnerte. Sein künstlerisches Reenactment drapiert Bryce mit Artikeln und Dokumenten, die das Verhältnis von Kunst und Politik behandeln und vor einem neuen Weltkrieg warnen. Seine Kunst begnügt sich nicht mit einem historischen Fokus, sondern will Geschichte auch als Kontinuum von Unterdrückung und Revolte zeigen. Das Verständnis von Gegenwart als vollendete Vergangenheit spielt für den archäologischen Ansatz eine wichtige Rolle.

Galerie Barbara Thumm, Markgrafenstr. 68, Fr 18–21 Uhr, Sa/So 11–19 Uhr, dann bis 16.6., Di–Fr 11–18, Sa 12–18 Uhr

Matthias Reichelt

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