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Kultur: Gesundheit: Warum SPD-Experte Pfaff das Ende des Arzneibudgets für falsch hält

Martin Pfaff (62) ist Bundestagsabgeordneter der SPD. Der Professor für Wirtschaftswissenschaften ist Gesundheitsexperte seiner Fraktion.

Martin Pfaff (62) ist Bundestagsabgeordneter der SPD. Der Professor für Wirtschaftswissenschaften ist Gesundheitsexperte seiner Fraktion.

Eine neue Welle von Beitragserhöhungen bei den Krankenkassen hat eingesetzt. Was läuft schief in der Gesundheitspolitik?

Schief ist der falsche Ausdruck. Wir erleben momentan die Konsequenzen von politischen Entscheidungen, die - größtenteils von der Vorgängerregierung - getroffen wurden. So müssen die Kassen die geringeren Beiträge aus der Arbeitslosenversicherung verkraften. Oder sie haben die Instandhaltung der Krankenhäuser zusätzlich zu übernehmen, die eigentlich aus Steuermitteln bezahlt werden müssten.

Die neue Gesundheitsministerin Ulla Schmidt hat als eine ihrer ersten Taten die Budgetierung und die Kollektivhaftung für Ärzte gestrichen. Auch das treibt die Kosten hoch. Weshalb sollten Ärzte jetzt noch sparen?

Dieser Schritt hatte sicher eine negative Signalwirkung auf das Verhalten der Ärzte. So etwas führt immer, wie Rudolf Dressler einmal gesagt hat, zu einem neuerlichen Schluck aus der Pulle. Die Ärzte sehen, dass sie wieder mehr Raum haben für zusätzliche Verordnungen. Dann holen sie nach, was sie zu Zeiten des Budgets nicht machen konnten.

Um die Beiträge dennoch stabil halten zu können, müsste das Geld woanders herkommen. Welche Möglichkeiten sehen Sie?

Eine gründliche Finanzierungsreform der gesetzlichen Krankenkassen wurde bislang ausgeklammert. Das rächt sich nun. Man könnte zum Beispiel die Beitragsbemessungsgrenzen auf das Niveau der Rentenversicherung anheben. Das würde über 11 Milliarden Mark an zusätzlichen Einnahmen bringen. Dafür könnte man die Beitragssätze der Krankenversicherung fest einen halben Prozentpunkt senken.

Man könnte auch andere Einkommensarten, wie Zinsen oder Mieteinnahmen, zur Prämienberechnung heranziehen. Wie stark ließe sich der Kassenbeitrag dadurch absenken?

Hierfür liegen uns keine Berechnungen vor. Grundsätzlich gilt, dass in einem gesetzlichen Krankenkassensystem die Versicherten bei den Beiträgen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit herangezogen werden sollen. Früher gab das Einkommen aus abhängiger Beschäftigung die Leistungsfähigkeit eines Menschen einigermaßen präzise wieder. Das ist heute anders. Viele haben zusätzliche Einkommen, beispielsweise Zinsen oder Mieteinnahmen. Von denen müssten sie eigentlich auch Sozialabgaben zahlen. Wenn man über eine Reform des Arbeitnehmerbeitrags nachdenkt, dann muss auch eine Reform des Arbeitgeberbeitrags anvisiert werden. Denn die Leistungsfähigkeit des Arbeitgebers wird auch nicht nur durch die Lohnsumme, schon eher durch die Wertschöpfung, bestimmt.

Bundeskanzler Schröder wünscht sich Ruhe an der Gesundheitsfront bis zur nächsten Bundestagswahl 2002. Ist dies eine realistische Strategie?

Die Probleme werden nicht schlafen, bis die Bundestagswahl vorbei ist. Die Diskussionen müssen geführt werden, vor allem über die Reform der Finanzierung - also die Beitragsbemessungsgrenzen und das Heranziehen anderer Einkommensarten. So etwas kann man jedoch nicht aus dem Handgelenk schütteln. Das braucht Zeit, muss gründlich geplant und diskutiert werden.

Eine neue Welle von Beitragserhöhungen bei de

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