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Kultur: Glückskriege, so leicht geschlagen Zum 70. Geburtstag der DichterinJudith Herzberg

Sie erzählt das Katastrophische, ob in Familien oder in der Weltgeschichte, meist wie ein schwebendes Ungeheuer: leicht, unfasslich komisch, bestürzend offen, jeder Abgrund wie die berühmte Büchnersche Pfütze eine Lache, ein Lacher über einem ungewissen, gefährlichen Grund. So lebensnah und zugleich unvereinnahmbar poetisch sind Judith Herzbergs Geschichten, Gedichte, Theaterstücke.

Sie erzählt das Katastrophische, ob in Familien oder in der Weltgeschichte, meist wie ein schwebendes Ungeheuer: leicht, unfasslich komisch, bestürzend offen, jeder Abgrund wie die berühmte Büchnersche Pfütze eine Lache, ein Lacher über einem ungewissen, gefährlichen Grund. So lebensnah und zugleich unvereinnahmbar poetisch sind Judith Herzbergs Geschichten, Gedichte, Theaterstücke.

In Deutschland war die Tochter eines Amsterdamer jüdischen Rechtsanwalts und Schriftstellers, die den Holocaust nur als Scheinkind einer christlichen Familie in Holland überlebte, Anfang der 80er-Jahre schon einmal fast berühmt. Damals schrieb sie das preisgekrönte Drehbuch für den Film „Charlotte“ – über die 1943 in Auschwitz ermordete Berliner Malerin Charlotte Salomon. Herzberg, die zwischen Amsterdam und Jerusalem den Lebensort abwechselte, ist danach auch als Dramatikerin immer wieder in Deutschland aufgetreten. Aber sehr häufig waren es die falschen Bühnen, Regisseure, Schauspieler, die sich ins Offene (doch poetisch Präzise) der musikalisch-filmisch geschnittenen Stücke mit ihren so schnellen wie psychologisch subtilen Dialogduellen wagten.

Judith Herzberg schreibt das Einfache, das nicht nur im Theater meist das Schwerste ist. Man ahnt es schon in ihren Gedichten, deren Musikalität, untergründiger Humor und Anspielungsreichtum am besten zum Klingen kommt, wenn Judith Herzberg sie selbst und im Original so liest, dass auch jeder, der kein Holländisch kann, die Essenz versteht. Trotz verdienstvoller kleiner Einzelausgaben beispielsweise in der Berliner Friedenauer Presse fehlt freilich eine Sammlung der Herzberg-Lyrik in einem der großen deutschen Verlage.

Und wann spielt endlich eines der maßgeblichen Theater in Berlin, Hamburg, oder München Herzbergs Stücke? Dramen wie „Auf dem Tanzboden“ (leider ein schlechter Titel) oder „Leas Hochzeit“ zeigen die feinen, furchtbaren und manchmal furchtbar komischen Versehrungen der Überlebenden oder Nachgeborenen des Holocaust und das Geflecht bürgerlicher Familienbande, Ehebrüche, Liebesversuche als – unsere eigenen Glückskriege. Dafür ist diese jung gebliebene altersweise Judith Herzberg, die heute 70 wird, zu feiern.

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