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Kultur: Götz Friedrich ist tot: Der letzte Patriarch

Zahlreiche Künstler und Politiker haben auf den Tod des Berliner Opernintendanten Götz Friedrich mit Bestürzung reagiert. Die Deutsche Oper hob hervor, über Friedrichs fast zwanzigjähriger Amtszeit habe als Leitmotiv "In jeder Kreatur ein Funke Gottes" gestanden.

Zahlreiche Künstler und Politiker haben auf den Tod des Berliner Opernintendanten Götz Friedrich mit Bestürzung reagiert. Die Deutsche Oper hob hervor, über Friedrichs fast zwanzigjähriger Amtszeit habe als Leitmotiv "In jeder Kreatur ein Funke Gottes" gestanden. Für Generalmusikdirektor Christian Thielemann ist "einer der größten Theaterleute" gestorben, der "immer auf der Überholspur gelebt" und an beiden Enden gebrannt habe. Regisseur Hans Neuenfels, der an der Deutschen Oper zuletzt "Nabucco" inszenierte, sagte im Gespräch mit dem Tagesspiegel: "In den zwanzig Jahren, in denen ich Götz Friedrich kannte, habe ich eines immer bewundert: seine nie nachlassende Leidenschaft zur Musik und zur Oper, das heißt, zu der Frage, woher und warum Gesang entsteht. Als Theaterleiter verstand er es, mich selbst in den heftigsten Auseinandersetzungen durch seinen Witz und seinen Charme geschickt umzustimmen." Auch Achim Freyer, der als Regisseur und Bühnenbildner im Haus an der Bismarckstraße beschäftigt war, erinnert sich an Friedrichs Engagement: "Er war einer der großen Theaterbesessenen, in seinen Inszenierungen wie für sein Haus. Er kämpfte gegen die immer größer werdende Ignoranz in dieser Stadt, gegen kleinliche Sparversuche auf Kosten von Theater und Kunst". Der Komponist Siegfried Matthus bringt Friedrichs Tod in Zusammenhang mit der Debatte um die Berliner Opernreform: "Ich weiß, dass er, egal was die Ärzte sagen, an den Schwierigkeiten seiner Oper gestorben ist, am Kummer, dass seine geliebte Oper von vielen heute nicht mehr geschätzt wird."

Friedrichs designierter Nachfolger Udo Zimmermann, derzeit Intendant der Oper in Leipzig, würdigt seinen Vorgänger als "grandiosen Regisseur, Theatermann, Künstler und Menschen". Georg Quander, Intendant der Staatsoper, hält es fast für "symbolisch, dass sein Lebenslicht so rasch nach seiner letzten Inszenierung erloschen ist." Albert Kost, Intendant der Komischen Oper, nennt Götz Friedrich "einen der letzten Theaterpatriarchen" der Musikwelt: "Friedrich war mein großes Vorbild, ein Übervater mit viel Weitsicht und immer einem Schuss Humor und Ironie". Für Klaus Zehelein, Intendant der Staatsoper Stuttgart, geht mit Friedrichs Tod "die Ära des realistischen Theaters zu Ende. Friedrich hat als pragmatischer Intellektueller zu den ganz großen Theaterleuten gehört." Auch Jürgen Flimm, Präsident des Deutschen Bühnenvereins, sieht darin das plötzliche und unerwartete Ende einer "großen Berliner Opernära. Er war einer der großen Exponenten des realistischen Musiktheaters in der Felsenstein-Nachfolge". Thomas Langhoff, Intendant des Deutschen Theaters, ehrt den Verstorbenen als "rastlos, besessen und kunstergeben. Ein großer Theatermann und großherziger Mensch." Und laut Wolfgang Wagner, Leiter der Bayreuther Festspiele, trug Friedrich "wesentlich dazu bei, die Festspiele nach Wieland Wagners Tod in der erforderlichen neuen Weise zu prägen und das Gesicht der Werkstatt Bayreuth nachhaltig mit zu verändern."

Auch die Kulturpolitiker würdigten den Opernmacher, dessen Name mit dem Musiktheater im Berlin der Nachkriegszeit verbunden ist wie kein anderer. Kulturstaatsminister Michael Naumann schreibt in seiner Stellungnahme: "Dieser tragische Tod eines ebenso bedeutenden wie nachhaltig schöpferischen Arbeitslebens als Regisseur und Opernintendant ist ein herber Verlust für die Berliner Kultur und weit darüber hinaus. Friedrich hat maßgeblich an der Modernisierung eines klassischen Kunstgenres mitgewirkt." Berlins Kultursenator Christoph Stölzl bezeichnet Götz Friedrich als einen "genialen Erneuerer des deutschen Musiktheaters. Berlin ist in der Ära Friedrich zu einem weithin leuchtenden Ort auf der Weltkarte der Oper geworden. Leidenschaftliches Ringen um künstlerische Fragen verband sich in seinem Schaffen mit politischem und sozialem Gewissen."

Berlins Regierender Bürgermeister Eberhard Diepgen würdigt Friedrich als "herausragenen Künstler" und "einfühlsamen Interpreten". Für die Berliner SPD beklagt Fraktionschef Klaus Wowereit den Verlust für die Stadt und erinnert ebenso wie Bürgermeister Klaus Böger an Friedrichs weltweiten Ruhm. Ähnlich äußerte sich Wolfgang Girnus für die PDS-Fraktion. Für Alice Ströver von den Grünen war Friedrich "einer der letzten Intendanten im Stil eines Patriarchen". Künftig würden eher kaufmännische Leiter das Sagen haben.

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