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Kultur: Goliath unter Davids

Deutscher Kurzfilmpreis geht an Tom Tykwer

Komisches Gefühl: Der Preis, dotiert mit 30000 Euro, ist hoch verdient, und trotzdem freut sich keiner so richtig – der Preisträger und seine Produktionsfirma mal ausgenommen. Ja, Tom Tykwer und seine X-Filmer wirken auf der Veranstaltung zum Deutschen Kurzfilmpreis am Donnerstag in der Kulturbrauerei wie auf der falschen Party. Wie Elefanten im Mäuseladen. Wie Hollywood-Majors mit Zigarre auf einem Independent-Meeting. Oder, damit’s richtig wehtut: fast wie Bush unter Kerry-Sympathisanten.

Kurzfilme sind Nachwuchssache. Studentenfilmsache. Erste Fingerübung der Profis. Oder Betätigungsfeld leidenschaftlicher Maniacs, die ihre Werke oft aus eigener Tasche finanzieren. Da ist „True“, Tykwers schlüsselfilmischer Abschiedsbrief an Franka Potente und Bestandteil eines Kompilationsfilm-Projekts über die Liebesmetropole Paris, eher fehl am Platz. Und längst auf der Berlinale gelaufen und sogar im Kino, als Vorfilm des X-Films „Was nützt die Liebe in Gedanken“, womit der Kurzfilm endlich wieder mal da gelandet wäre, wo er hingehört – nur eben: keine Entdeckung. Nix, was nach vorne weist. Nix, womit sich jemandem wirklich Mut machen ließe.

Die Jury aber hat sich nicht beirren lassen. Der Beste soll siegen. Ohne Ansehen der Person. Und dass die Oberherrin über den Kurzfilmpreis, Kulturstaatsministerin Christina Weiss, mit „True“ sich selber auf die Schulter schlage, wie sogleich missmutig kolportiert wurde, schließlich habe ihr Haus den Film komplett finanziert: Auch das ist nur indirekt richtig. Ein Drittel der Weiss’schen Filmpreisgelder für Tykwers Langfilm „Der Krieger und die Kaiserin“ (2000), rund 130000 Euro, sind in „True“ geflossen, wohl wahr; auch soll dieses Preisgeld regulär für einen neuen Langspielfilm verwendet werden, weshalb für „True“ eine Ausnahmegenehmigung nötig wurde. Doch gab es nicht etwa eine neue Extra-Förderung, gar eine Co-Produktion in Sachen „True“, sondern – und das unterhöhlt den Mauschelvorwurf zumindest – das Geld war längst da.

Trotzdem: „Abhaun!“ zum Beispiel, Christoph Wernkes wunderbar schlichten und ein bisschen katzelmacherischen DFFB-Schwarzweißfilm aus der Brandenburger Provinz (mit der berückenden Anna Maria Mühe), hätten wir lieber bejubelt. Oder auch Barbara Mierschs „Im Labyrinth“, in dem zwei Freundinnen (Jessica Schwarz und Anne Kanis) unter seelischer Düstersonne einen Tag am See verbringen. Andererseits: Wernke und Miersch haben schon für die Nominierung je 12500 Euro eingestrichen, und auch damit lässt sich’s zumindest an den nächsten Kurzfilm wagen.

Weitere Preise gingen an Caspar Arnolds „Full Stop“ (Kurzspielfilm bis 7 Minuten), Michael Klöfkorns „3,48 E/min“ (Animation) und Rainer Komers’ „Nome road system“ (Dokumentarfilm). Einen Sonderpreis gab es für Alexandra Guleas Dokumentarfilm „Die Daumendreher“.

Letzte Meldung: Die Deutsche Filmakademie, die ab 2005 den „großen“ Deutschen Filmpreis vergibt, ist auch künftig nicht für den Kurzfilm zuständig. Welchselber sie ohnehin weniger interessiert. Die Sache bleibt also in den Händen von Frau Weiss: Hoch lebe die kulturelle Kurzfilmförderung!

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