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Kultur: Gut gegurgelt

JAZZ Eigentlich könnten es sich die wirklich guten Jazzsängerinnen ganz einfach machen. Ihre Begleitband könnten sie zuhause lassen, ihre Songs zurück in die Schublade stecken.

JAZZ

Eigentlich könnten es sich die wirklich guten Jazzsängerinnen ganz einfach machen. Ihre Begleitband könnten sie zuhause lassen, ihre Songs zurück in die Schublade stecken. Denn in ihrer Musik geht es ja doch nur um ihre Stimme. Also: Warum nicht auf die Bühne gehen und ein paar Übungen trällern, oder einen einzigen Ton. Luft holen, ansetzen und klingen lassen. Vielleicht war genau das die Richtung, die Cassandra Wilson auf der Museumsinsel eingeschlagen hat. Klar, sie steht nicht allein auf der Bühne, sondern hat sich ein sparsam agierendes Trio mitgebracht. Zu mehr als Farbtupfern lassen sich der Gitarrist Marvin Sewell und der Bassist Mark Peterson selten bewegen. Einzig Jeffrey Haynes hat sichtlich Vergnügen an seinen Handtrommeln. Ein paar Mal flammt richtiges Temperament auf, wenn sich seine Finger auf den Congas Quarten ertrommeln und er seinen Ellenbogen ins Becken rammt. Ganz anders Wilson: Fast wie in Trance gurgelt sie ihr Repertoire. Angenehm ist das natürlich schon, wie sie „The Weight“ von The Band oder „Quiet Nights“ von Antonio Carlos Jobim durchgehend in largo hält. Und die Eigenkompositionen, die zwischen Delta-Blues und Country herumschwappen: ebenfalls sehr largo. Da kann sich die 47-Jährige mit den blond gefärbten Rastas voll auf ihre Alt-Stimme konzentrieren und jeden Ton bedächtig auspacken wie ein Geschenk. Wer sich darüber geärgert hat, dass Wilson nach nur 80 Minuten von der Bühne ging, sollte sich nicht wundern, wenn sie nächstes Mal noch früher verschwindet. Ein einziger Ton würde, sagen wir, acht Sekunden dauern. Johannes Völz

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